Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

330 Friedrich Roemheld lichen Aussichten zu lenken, die sich hier boten. Zugleich hatte er dabei zu bedenken, daß der Sieg über Latif-Pascha nur dann praktischen Nutzen bringen konnte, wenn es eine Möglichkeit gab, von Ägypten aus ungefähr­det bis zum Vereinigungspunkt der beiden großen Quellflüsse des Nils und von da auch wieder zurück zum Mittelländischen Meere zu gelangen. Die gegebene Straße dafür war natürlich der Nil, dessen gefürchtete Strom­schnellen aber das Befahren zu einem allzu gewagten Unternehmen für die Kaufleute machten. Sie mußten mit dem Verlust kostbarer Ladungen und der Gefährdung ihres Lebens rechnen, noch ehe sie überhaupt bis an den Weißen Fluß herankamen. Bei der Reise ins Innere wurde daher auch in den meisten Fällen wenigstens einer der beiden großen Nilbogen auf dem Landweg abgeschnitten. Deshalb hatte sich Reitz ja auch um die Sicher­heit der Karawanenstraßen bemüht, die dabei benutzt werden mußten. Ganz beträchtlich aber hätte der Handel beschleunigt und damit verbilligt werden können, wenn es sich als möglich herausstellte, wenigstens bei der Reise nilabwärts auf der ganzen Strecke die Wasserstraße auch mit Waren in größerer Menge zu benutzen. So sah sich Reitz vor die doppelte Aufgabe gestellt, Österreich aufmerksam zu machen auf die Sudanländer und zu zeigen, daß man tatsächlich den Nil wenigstens stromabwärts auch mit wertvoller Fracht befahren konnte, ohne Verluste befürchten zu müssen 41). Er beschloß also, eine Anzahl von afrikanischen Tieren an den Tierpark in Schönbrunn bei Wien zu schicken42), die dort natürlich Aufsehen er­regen und den Sudan zum Tagesgespräch machen mußten, und er beschloß weiter, die kostbare Sendung ganz auf dem Wasserweg nach Alexandria zu befördern und sie persönlich über die gefährlichsten Stromschnellen hinweg bis Wadi Haifa zu begleiten. Bei der Zusammenstellung der Tiersammlung zeigte sich Konstantins Idealismus wieder im schönsten Lichte: mit seinem eigenen Gelde kaufte er die Tiere, die er dem Kaiser von Österreich „als würdiges Zeichen seiner Treue und Anhänglichkeit“ zum Geschenk machen wollte, und mit seinem eigenen Gelde bezahlte er die Kosten für ihre Verfrachtung und Beförde­rung. Er konnte dabei nicht aus dem vollen schöpfen: monatelang mußte 4I) Das Neue und Bahnbrechende an Konstantins Wagnis ist das Befahren des Nils mit wertvoller Fracht. Ohne Waren hatte schon vor ihm von Müller die gefährliche Fahrt glücklich durchgeführt: „Von Khartum aus durchschiffte ich mit zwei Barken sämtliche Nilkatarakte, deren ich 31 vor­fand. ... Dadurch erhob ich die oft bezweifelte Möglichkeit zur Gewißheit, daß der Nil von Zentralafrika bis zu seiner Mündung durchschifft werden könnte.“ (Fragm. Mittlgn. S. 418.) i-) Das damit bewiesene Interesse an der Förderung der Tierkunde hatte Reitz auch schon früher bekundet. Anfang 1852 hatte er ein Straußen- und ein Antilopenskelett an die Kaiserl. Akademie der Wissenschaften in Wien gesandt. Beide wurden dem Museum für vergleichende Anatomie überwiesen. Um dieselbe Zeit war es ihm gelungen, „die von der Kaiserlichen Akademie gewünschten Nilfische einzusammeln.“ (Sitzungsber. d. Kaiserl. Akad. d. W., math.-nat. Kl., Bd. 8, 1852, S. 32 u. 415.)

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