Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

316 Friedrich Roemheld Oberhalb der Stadt strömen die beiden großen Flüsse, der Blaue Nil (Bahr el Asrek) und der Weiße Nil (Bahr el Abdiad) zusammen, jener mit starkem Gefälle, häufig von Wasserfällen unterbrochen, in meist engem, schluchtartigem Tal aus dem Hochland von Abessinien herab­kommend, dieser ein echter Tieflandstrom mit nur ganz geringem Ge­fälle, dessen Wasser aus dem Ostafrikanischen Seenhochland zwischen so flachen Ufern dahinströmen, daß man von Ufer überhaupt kaum sprechen kann. Denn das ebene Land zeigt mit dem Wasser fast die glei­che Höhe und ragt nur selten über den mittleren Wasserstand empor. Nur der Weiße Nil kam für Handel und Schiffahrt in Betracht. Er war die Straße, auf der die Waren aus dem Innern des Erdteils herangeschafft wurden. Grund genug für Reitz, ihn ständig wachsam im Auge zu behal­ten. Er war aber auch die Straße, auf der seit einiger Zeit in umgekehrter Richtung europäische Kultureinflüsse in das dunkle Afrika einzusickern begonnen hatten, und auch diesen Bestrebungen konnte Reitz seine Auf­merksamkeit nicht versagen. Unter Papst Gregor XVI. (1831-—1846) war im Jahre 1846 Mittel­afrika zum Apostolischen Vikariat erklärt und Monsignore Casolani S.J. zum Apostolischen Vikar mit bischöflicher Würde ernannt worden. Dieser war im Frühjahr 1847, einige Monate vor Müller und Brehm und vor Reitz, nach Alexandria gekommen, mit ihm Pater Max Ryllo, früher Rektor der Propaganda in Rom, Dr. Ignaz Knoblecher, Emanuel Pedemonte, ehemals Offizier unter Napoleon, Bischof Monsignore Mauricaster, der aber nicht eigentlich Mitglied der Mission war, und der Venezianer Angelo Vinco, „ein nicht gerade sehr befähigter Mann, sehr gutmütig, rechtlich und achtbar. Er war der Arzt der Mission und mochte in der Tat auch eine dunkle Idee von der Heilkunde haben“ (Brehm). Am 28. September waren die Missionare zusammen mit dem Baron von Müller und Alfred Brehm von Kairo aus nilaufwärts gefahren, und während die beiden Naturfor­scher für den letzten Teil ihrer Reise den Landweg gewählt hatten, hatten die Missionare die ganze Reise nach Khartum auf dem Fluß zurückgelegt und waren dort am 11. Februar 1848 angekommen (Mitterrutzner, a.a.O.). Monsignore Casolani erkrankte bald darauf und kehrte in die Heimat zurück, nachdem er seine apostolischen Vollmachten an P. Max Ryllo ab­getreten hatte. Brehm bezeichnet Ryllo als „einen Mann von seltenen Gei­stesgaben und wirklich furchtbarer Energie“. Von ihm war der Plan, Mittelafrika zu bekehren, ausgegangen. Er starb aber schon am 17. Juni 1848. Sein Nachfolger wurde Pater Dr. Ignaz Knoblecher, geb. in St. Kanzian im Bezirk Nassenfuß in Unterkrain am 6. Juli 1819, seit 1843 Zögling der Propaganda in Rom. Er war von Anfang an die Seele des Unternehmens, „liebenswürdig als Gefährte, unermüdet in seiner Arbeit, heiter im Umgang mit seinen Reisegefährten, bescheiden und streng sitt­lich. Im Besitz von seltenen und tiefen Sprachkenntnissen, war er gleich­wohl auch in andern Wissenschaften bewandert und hatte neben dem ihm

Next

/
Oldalképek
Tartalom