Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 12. (1959)

ROEMHELD, Friedrich: Konstantin Reitz. Ein vergessener Vorkämpfer für abendländische Kultur in Afrika

Konstantin Reitz 313 rechnen konnte, daß die für den österreichischen Handel wichtigen Güter nicht mehr wie bisher ihren Weg nach dem Roten Meere nehmen würden, sondern nach Ägypten gebracht und so in den Bereich des österreichischen Handels gezogen werden konnten. Nun mußten Mittel und Wege gefunden werden, sie möglichst billig und schnell aus dem Innern herbeizuschaffen. Darum bemühte sich Reitz jetzt um die Karawanenstraße zwischen der Landschaft Kordofan und Dongola, auf der alljährlich an 30.000 Zentner Gummi befördert wurden. Er machte Latif-Pascha verschiedene Vorschläge, die auf die Sicherheit der Straße und die schnellere Beförderung der Waren abzielten, hatte diesmal aber weniger Glück. Der Generalgouverneur ging nicht darauf ein, und so unter­breitete Reitz die Angelegenheit seinem Vorgesetzten, dem Generalkonsul von Huber in Alexandria, der dann unmittelbar mit der Regierung des Vize­königs darüber verhandelte. Wie sehr Reitz bestrebt war, jede Gelegenheit zur Anknüpfung von Han­delsbeziehungen zu benutzen, beweist ein Vorfall, den Brehm in humorvoller Form berichtet. Brehm hatte aus Briefen, die ihm Reitz aus Europa mit­gebracht, ersehen, was er längst geahnt hatte, nämlich daß der Baron von Müller zahlungsunfähig war und nicht mehr daran dachte, die Verspre­chungen einzulösen, die er den nach dem Sudan vorausgeschickten Leuten seiner Expedition gegeben hatte: „Verlassen und verraten im Innern Afri­kas, das war ... das Los, welches uns Baron Müller bereitet hatte! “ so ruft Brehm voller Erbitterung im Rückblick auf jene schweren Tage aus. Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als sich in Khartum Geld für die Heim­reise zu leihen, und da er es von den europäischen Kaufleuten nur gegen Wucherzinsen hätte bekommen können, wandte er sich an den General­gouverneur, der es ihm zinsenlos überließ. Am 11. August 1851 machte er ihm einen Besuch, um sich zu bedanken und sich von ihm zu verabschie­den. Dabei wurde er Zeuge einer Audienz, die Latif-Pascha einem Gesand­ten des Königs Hussein von Dar Für, der am weitesten westlich gelegenen Landschaft des Sudans, gab. Dieser bat den Pascha um freies Geleit für die Tante seines Herrn, die „Prinzessin“ Soakim, die nach Mekka wall­fahrten wollte. Als Reitz von dem Aufenthalt der „hohen Frau“ in Khartum ei'fuhr, beschloß er sofort, ihr einen Besuch abzustatten, in der Hoffnung, durch ihre Vermittlung eine bessere Verbindung nun auch mit Dar-Fur herzustellen und zu einem Vertrag mit ihrem Neffen, dem Negerkönig, zu kommen. Dieser hatte s. Zt. aus Furcht vor den Eroberungsplänen Mehemed Alis den damals ziemlich lebhaften Verkehr auf der Karawanenstraße zwi­schen Dar Für und Dongola gesperrt, so daß als einzige Verbindung des Landes mit Ägypten nur die 12 Breitengrade lange, durch unwirtliche Wü­sten hinziehende Karawanenstraße nach Siut in Oberägypten — 300 km Luftlinie südlich von Kairo — blieb. Die ungeheuere Entfernung zwischen Dar Für und Siut konnten die Karawanen nur einmal im Jahre zurücklegen. Das genügte aber nicht, um die Waren Mittelafrikas auszuführen und den

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