Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)
CORETH, Anna: Das Schicksal des k. k. Kabinettsarchivs seit 1945
Rezensionen 597 ten des Verf.1) war bis jetzt praktisch nichts vorhanden. Es ist daher die vorliegende Arbeit, welche zunächst in den Handbüchern der Stadt Wien 2) Aufnahme fand, jetzt aber selbständig erscheinen konnte, besonders zu begrüßen. Dem Verf. ist es gelungen, aus dem reichen Aktenmaterial der genannten Archive ein sehr lebendiges Bild der Institutionen der Wiener Stadtverwaltung von der Zeit Maria Theresias bis zur Gegenwart zu zeichnen. Es sei gleich vorweg genommen, daß es sich hier um keine trockene Behördengeschichte handelt. Der Verf. hat sich mit Erfolg bemüht, die Dynamik der geschichtlichen Kräfte in Politik, Wirtschaft und Kultur darzustellen. Er konnte zeigen, wie unter Josef II. die Eingliederung der Stadt in den Behördenapparat des absolutistischen Staates erfolgte und damit der Stadt der letzte Rest an Freiheiten und jeglicher Schein städtischer Selbstverwaltung genommen wurden. Im Stadtmagistrat fand die alte Zweiheit von Stadtrat und Stadtgericht ihr Ende. Die Bürgerschaft selbst blieb aus der Stadtverwaltung ausgeschaltet. Den Übergang der barocken Kaiserstadt in die moderne Groß- und Industriestadt zeichnet der Verf. unter Heranziehung von statistischem Material hervorragend. Bis 1848 erstreckte sich die Stadtverwaltung auf etwa ein Drittel des gesamten Siedlungsgebietes von Wien, die Stadt mußte ihre Gerichts- und Verwaltungsbefugnis mit einer Reihe von Grundherrschaften teilen, erst 1848 konnte die Stadt Wien das Erbe der fremden Grundobrigkeiten antreten. Durch die Gemeindeordnung von 1850 wurde der Stadt ein großes aus dem Bereich der Staatsverwaltung ausgeschiedenes Stück der Staatsverwaltung übertragen, wobei allerdings die Selbstverwaltung auf ein Minimum herabgesetzt blieb. Wie der Verf. zeigen konnte, wies das Gemeindestatut von 1890 der selbständigen Betätigung der Wiener Stadtverwaltung ebenso enge Grenzen wie die Gemeindeordnung von 1890. Es ist besonders zu begrüßen, daß der Verf. sich auch bemühte, die Leistungen der Stadtverwaltung in den einzelnen Epochen bis herauf zur Gegenwart zu skizzieren. So wird diese Arbeit, die auf weiten Strecken neues Quellenmaterial erschlossen hat, zu einem wichtigen und unentbehrlichen Hilfsmittel für jeden Historiker, der sich mit Verfassungs-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, aber auch mit der Wiener Stadtgechichte beschäftigt. Anna Hedwig B e n n a (Wien). !) R. Till, Die Stadt Wiener Wirtschaftskommission, Jb. d. Vereins f. Geschichte der Stadt Wien 2 (1940), S. 79 ff. — Das Wiener Bürgermeisteramt in seinen bekanntesten Vertretern (1946). — Das Wiener Bürgermeisteramt im Wandel der Zeiten, Wiener Geschichtsblätter 1 (1946), S. 14f. — Die Wiener Stadtverwaltung im Jahre 1848, Jb. d. Vereins f. Geschichte der Stadt Wien 7 (1948), S. 18 f. — Die Mitglieder der ersten Wiener Gemeindevertretung im Jahre 1848, Wiener Geschichtsblätter 5 (1950), S. 62. — Der Sicherheitsausschuß des Jahres 1848, Festschrift zur Feier des zweihundertjährigen Bestandes des Haus-, Hof- und Staatsarchivs 2 (1951), S. 111 ff. 2) Handbuch der Stadt Wien, Bd. 70—72 (1955—57).