Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 11. (1958)

CORETH, Anna: Das Schicksal des k. k. Kabinettsarchivs seit 1945

Österreich 515 und fast tadelloser Erhaltung abgestuft ist. Eine solch restlose Vernich­tung durch Brand ist glücklicherweise nur an einem Bergungsort ein­getreten und hat die provisorisch im Pfarrhof von Obritzberg bei Herzogenburg in Niederösterreich eingelagerten Akten innerhalb der Kampfhandlungen des April 1945 heimgesucht. Dieses Schicksal erlitten die Akten des Staatsrates aus den Jahren 1761 bis 1833, rund 1550 starke Faszikel. Nicht ein einziges Blatt Papier konnte von diesem Bestand wieder zurückgebracht werden. Den zweithöchsten Grad der Beschädigung erlitten jene Archivalien, die im Schloß Guntersdorf geborgen waren. Neben dem beschlag­nahmten Malteserordensarchiv waren dorthin ausschließlich Teile des Kabinettsarchivs verbracht worden (Alte Kabinettsakten, Kabinetts­kanzleiakten vor 1848 samt Findbüchern, Staatskonferenzakten, Nachlaß Zinzendorf, Gendarmeriedepartement, zusammen 888 Einheiten). Diese Archivalien sind im Jahre 1945 durch die Besatzung zum Fenster hinaus in den Schloßgraben geworfen und dort teilweise verbrannt worden. Auch durch Plünderung ging einiges verloren. Die übriggebliebenen Faszikel waren auseinandergefallen und ihr Inhalt wurde, bunt durch­einandergemischt mit den Akten der anderen Bestände, in Körben wieder eingesammelt und im Oktober 1945 nach Wien zurückgeführt. Auf diese Fonds im einzelnen wird noch zurückzukommen sein. Wesentlich geringer waren die Schäden, die in Dobersberg verursacht wurden. Die im Pfarrhof eingelagerten Archivalien allerdings hatten nach der Rückkehr durchwegs große Lücken, da zahl­reiche Einheiten auseinandergefallen waren, ja besonders mit manchen Nachlässen sah es schlimm aus. Mit der Zeit erst stellte sich heraus, daß sich aus einem Berg provisorisch zuammengesehnürter Faszikel große Teile dieser kleinen Bestände rekonstruieren ließen, so daß der eigentliche Verlust gering ist. Es waren dort folgende Fonds verlagert: die ah. Handschreiben (Kurrentbillets), die Akten der Studienrevisions­hofkommission, die Nachlässe: Baldacci, Braun, Gervay, Kaunitz, Keeß, Khevenhüller, Kolbielsky, Kolowrat (Franz Anton und Leopold), Kressei, Kübeck, Latour, Erzherzog Ludwig, Nenny, Pergen, Pfleger, Pilgram, Erzherzog Rainer, Reichenstein, außerdem die Akten des jüngeren Staatsrates. Besser erging es den im Schloß Dobersberg eingelagerten Be­ständen: die Minister-Kolowrat-Akten erlitten nur kleine, seither fast behobene Schäden, während die nun noch wertvoller gewordene Reihe der Protokolle und Indizes zu den gesamten Staatsratsakten unversehrt zurück­gelangt ist. Jedoch machten diese und viele andere in Dobersberg ein­gelagerte Akten der Archivdirektion später noch schwere Sorgen, da durch lange Zeit ihre Freigabe aus dem russisch besetzten Schloß bei den Behörden nicht zu erreichen war. Die an den übrigen Bergungsorten verwahrten Bestände haben nicht, oder fast nicht gelitten. Wenn kleine Schäden entstanden sind, war es nur durch Transport und Umlagerungen, nicht durch mutwillige Be­handlung. Diese Bergungsorte waren: das Stift Geras, der Pfarrhof zu 33*

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