Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 10. (1957)
WAGNER, Hans: Das Reisejournal des Grafen Seckendorff vom 15. Juli bis zum 26. August 1730
200 Hans Wagner seithe zu bringen18). Der könig von Pohlen hätte zwar den graff Secken- dorff als einen braven general, den er selbst estimirte, gerühmet, hingegen ihn, den könig von Preußen, gewarnet, sich vor den Seckendorff in acht zu nehmen, indem er 100 dinge ihm, dem könig, vortragen würde, so alle gegen das preussische interessé stritten. Dabey der könig von Pohlen ihm, den könig von Preußen, ersuchet, zu verhindern, daß wegen des von graff Hoymb19) geschriebenen brieffs Seckendorff keine particulair quereile erregen möchte, indem er nimmermehr zugeben könnte, daß Hoymb sich mit Seckendorff schlagen solte20). Der könig von Preußen riethe also dem general Seckendorff an, der gemeinen Sache zum besten die particular- satisfaction beyseithe zu setzen und vor allen dingen zu trachten, den könig von Pohlen in das kayserliche interessé zu ziehen, weilen soferne Sachßen nicht partié mit nehme, er, der könig von Preußen, immer die hände gebunden hätte, alle seine macht gegen die Sevillanische alliirten 21) zu wenden. Der general Seckendorff hatt hierauff den könig versichert, daß auf seithen seiner der Hoymbsche impertinente brieff keine hinderung geben solte, die genauere einverständnis zwischen dem kayserlichen und chursächßischen hoff zu etabliren; ihro königliche mayestet aber könnten aus dem ihnen bereits communicirten lezten chursächßischen promemoria und dabey gefügt gewesenen reflexionen sattsam erkennen, daß es dem könig von Pohlen kein ernst, sich mit ihro kayserlichen mayestet in trac- taten einzulaßen. Der könig antworthete, daß er dießes wohl und um so beßer begriffe, weil der könig von Pohlen selbst ihm gesaget, wie er 1° vor allen dingen wegen der im letzten Türckenkrieg hergegebenen trouppen annoch bey 70/m gulden arrerage, 2° satisfaction wegen derer — nach der von Engelland im lezten franzößischen krieg geschehenen separation — in kayserlichen diensten gebliebenen chursächßischen trouppen haben müßte, welche praetension sich über 800/m fl. erstreckete, 3° aber auch solche 18) Über das Verhältnis Augusts des Starken zum Kaiser und zu Preußen, den Gegenstand der folgenden Berichte Friedrich Wilhelms I., vgl. Albrecht Philipp, August der Starke und die pragmatische Sanktion, in: Leipziger historische Abhandlungen, Heft IV, Leipzig 1908, besonders S. 101 ff. 19) Karl Heinrich Graf von Hoym, kursächsischer Kabinettsminister, geb. 1694, gest. 1736. 2») Über diese Affäre mit dem französisch orientierten Grafen Hoym, nach der Seckendorff sogar der sächsische Hof verboten wurde, vgl.: Versuch einer Lebensbeschreibung des Feldmarschalls Grafen von Seckendorff IV, 1794, S. 28—58, und Philipp, a.a.O., S. 104. Philipp bezeichnet diesen Konflikt als Wendepunkt und Ende der kaiserlichen Versuche, mit Sachsen ein Einvernehmen herzustellen. 21) Enttäuscht über das Fehlschlagen der Heiratspläne von Don Carlos mit Maria Theresia, hatte sich Spanien am 9. November 1729 im Traktat von Sevilla mit England und Frankreich verbündet. Bald darauf schlossen sich die Generalstaaten dem Bündnis an. Unmittelbares Ziel war der Erwerb von Parma und Toskana für Don Carlos und die endgültige Aufhebung der Compagnie von Ostende.