Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

CORETH, Anna: Unbekannte Briefe P. Marco d'Avianos an P. Gabriel Pontifeser aus Klausen (1690–1697)

30 Anna Coreth orden sich gegen die von P. Gabriel betriebene Klostergründung in Dillin­gen gestellt hatte. Umso bemerkenswerter ist die Haltung Marco d’Avianos dem anderen Orden gegenüber. Hier fällt eine Briefstelle auf, von P. Marcus am 2. No­vember 1692 an P. Pontifeser geschrieben, in der es im Anschluß an das Bedauern für die Kurfürstin heißt: er habe zwei große Schritte zugunsten und zum Nutzen der Schwarzen (delli Neri) unternommen, als deren Folge er allerdings Verfolgung und üble Nachrede zu erhalten gefaßt sei; dies mache ihn aber nicht verzagt, sondern wo er könne, werde er ihnen aus ganzem Herzen Gutes tun 17 18). Es kann wohl kaum ein Zweifel sein, daß unter den „Schwarzen“ die Jesuiten — zum Unterschied von den braunen Bettelmönchen — gemeint sind, die seit geraumen Jahren, ebenso wie die Kapuziner, im Herzogtum Pfalz-Neuburg Einlaß erhalten hatten und ihre Klöster ausbauten, nachdem um die Jahrhundertmitte das Herzogshaus zum Katholizismus konvertiert war. P. Marco dürfte hier auf die strittige Angelegenheit der vom Deutsch­meister Ludwig Anton angestrebten, von seinem Bruder Bischof Alexander Sigmund aber verweigerten Exemption der Wallfahrtskirche Schöneberg bei Ellwangen angespielt haben. Ludwig Anton hatte Marco ersucht, bei seinem Bruder für die Exemption ein Wort einzulegen, was zugleich eine Befürwortung der Jesuiten bedeutete, welche die Wallfahrtskirche über­tragen erhalten sollten. Wir wissen, daß diese Intervention P. Marcus zwar schwierig war, jedoch tatsächlich durchgeführt wurde: es standen einander damals als Vertreter der rivalisierenden Orden zwei Männer von außer­gewöhnlichem Format und Ruf gegenüber: der Partner Marco d’Avianos war der berühmte, heiligmäßige Jesudtenprediger Philipp Jeningen19). Marco d’Aviano dürfte an Bischof Alexander Sigmund und an den Kai­ser 19) Fürbittbriefe gerichtet haben. Freilich könnte der Kummer der Kurfürstin auch in irgendeinem Zu­sammenhang mit dem Kriege stehen, der in jenen Jahren die Rheingegend verwüstete, wobei im Winter 1693 die Franzosen vor ihrem Rückzug aus Heidelberg die Hauptstadt der Kurpfalz zu großen Teilen systematisch zerstörten, so daß man es verstehen kann, daß immer wieder von der neu­burgischen Partei am Kaiserhofe die Tendenz ausging, mit Frankreich Frieden zu schließen; eine Tendenz, die sehr wohl auch ungünstig ausgelegt werden und zu Anschuldigungen Material geben konnte. Dafür aber fehlt uns hier der Anhaltspunkt. 17) Due gran passi ho fatto in avantaggio et utile delli Neri, ma im averto di riceverne in ricompen(s)e persecutioni e maldicenze, ma per questo non mi sgo- mento, anzi dove potro farle del bene, gli lo faro di vero core. Brief vom 2. No­vember 1692. 18) Ygl. Heyret, Korrespondenz I, S. 242. (Besonders den Brief Ludwig Antons vom 25. Juli 1692.) i») Ebenda, S. 218.

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