Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

MARX, Julius: Die amtlichen Verbotslisten. Zur Geschichte der vormärzlichen Zensur in Österreich

Die amtlichen Verbotslisten 175 Anastasius Grün „Schutt“, Leipzig 1835 (36 I/i, 504 r), von Nikolaus Lenau, „Savonarola“, Stuttgart und Tübingen 1837 (37 XII/2, 450), „Die Albigenser“, ebd. 1842 (43 IV/i, 239), dazwischen auch „Neuere Gedichte“, Stuttgart 1838 (39 n/2, 422 r), während andere Schöpfungen der beiden Dichterfreunde mit Beschränkungen davonkamen?2). Von den noch nicht erwähnten deutschböhmischen Dichtern verfielen nachstehende Werke dem damnatur: Heinrich Meißner, Ziska, Leipzig 1846 (46 XII/2, 65), Karl Georg Reginald Herloßsohn, Die Hussiten oder Böhmen von 1414 bis 1424, Leipzig 1841, 2. Aufl. 1843 (40 XI/i, 333 u. 42 x/2, 258), „Zeit- und Lebensbilder“, 6. Bd., Leipzig 1843 (42 x/i, 260) sowie „Gesammelte Schrif­ten“, 4. u. 5. Bd., Leipzig 1837 (37 I/i, 482). Von den Verboten wurden übrigens auch weit ältere Werke betroffen; wenn die Travestie auf Vergils „Äneis“ von Alois Blumauer 1841 in Leipzig neu aufgelegt wurde (41 XI/i, 293), so ist der Grund zur Auf­nahme in unsere Listen auf der Hand liegend, unklar aber bleibt es, warum „Marokkanische Briefe“, Frankfurt und Leipzig 1784 (44 VIII/i, 180) und ,Faustin’s des Jüngeren Reisen und Thaten im schwindelnden Jahrzehend der Freiheit am Ende des philosophischen Jahrhunderts“, Leipzig 1799 (37 XI/2, 455, erga sch.) von Pezzl wieder erscheinen. Des streitbaren Theologen Sebastian Brunner „Prinzenschule zu Möpselglück“, Regens­burg 1848 (47 XII/2, 11) wurde ebenso mit erga schedam zensuriert wie Saphirs „Am Plaudertische“, Berlin 1843 (43 IX/i, 221 r) 7S). Im ganzen genommen ist es nicht übermäßig viel, was wir von Öster­reichern, inner- und außerhalb der Grenzpfähle, vorfinden. Die so viel ver­rufene Härte der Zensur läßt sich auf belletristischem Gebiete ihnen gegen­über nicht feststellen. Sie sind wohl den sonstigen Plackereien ausgeliefert gewesen, das läßt sich indes durch unsere Listen weder erweisen noch bestreiten, jedoch nach den vielen Klagen als gesichert annehmen. Der Haß, den der Liberalismus dem Zensurzwange an sich entgegenbrachte, hat das Gesamtbild beträchtlich getrübt, denn es ist nicht zu leugnen, daß vor 72 73 72) Lenau: geb. 13. 8. 1802 in Csatád, Ungarn, gest. 22. 8. 1850 in Wien- Oberdöbling. — Grüns „Gedichte“ (37 XI/2, 455) u. ihre 4. vermehrte AufL (43 x/2, 215 r), Leipzig 1837 und 1843, sowie seine „Nibelungen im Frack“, Leip­zig 1843 (43 VIII/2 u. XI/i, 223 r u. 213 r) wurden ebenso mit erga sch. abgefertigt wie Lenaus „Gedichte“ (43 XI/i, 213 r), die bei Cotta in 6. Aufl. herausge­kommen waren. — 73) Herloßsohn: geb. 1. 9. 1804 in Prag, gest. 10. 12. 1849 in Leipzig. Von ihm lebt noch das von Franz Abt vertonte „Wenn die Schwalben heimwärts ziehen ...“. Seine Zeitschrift „Der Komet“ wurde auch öfter verboten, vgl. Glossy, a. a. O., A., S. 67f. u. 105ff. — Meißner: geb. 15. 10. 1822 in Teplitz, gest. 29. 5. 1885 in Bregenz. — Brunner: geb. 10. 12. 1814 in Wien, hier gest. 27. 11. 1893. —- Moritz Gottlieb Saphir, geb. 18. 2. 1795 in Lovas-Berény, Ungarn, gest. 5. 9. 1858 in Baden bei Wien. — Pezzl: geb. 30. 11. 1756 in Malbersdorf, Bayern, gest. 11. 6. 1823 in Wien; vgl. G. Gugitz, Johann Pezzl, im Grillp.-Jahrb. XVI., Wien 1906; S. 183 f. u. 188 ff. —

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