Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 9. (1956)

MARX, Julius: Die amtlichen Verbotslisten. Zur Geschichte der vormärzlichen Zensur in Österreich

176 Julius Marx allem die ins Ausland abgewanderten Landeskinder bewußt zensurwidrig schrieben. Das Mißtrauen der Behörden wurde überdies durch die viel­fachen Versuche, sie zu übertöpeln, ebenso verstärkt, wie durch die „Deut­sucht“ des Publikums, man war auf der einen Seite in ständiger Sorge, es könnte zwischen den Zeilen mehr stehen, auf der anderen erwartete man dies. Es sei hier bloß an Bauernfelds „Großjährig“ erinnert74). Von unseren Dichterfürsten ist wenig zu finden, begreiflicherweise, da sie alle tot waren, als unsere Listen begannen, weshalb nur Neuauflagen in Betracht kommen; sie erhielten alle erga schedam. Wir finden den 5. Bd. einer Neuausgabe von Lessings „Sämmtlichen Schriften“, Berlin 1838 (38 x/2, 444), der offenbar des Dichters religionsphilosophische Abhand­lungen enthielt. Schiller ist mit einer Ausgabe seiner „Gedichte“, Stutt­gart 1839 (39 x/ä u. 40 v/a, 382 u. 353) vertreten, Dullers Fortsetzung der „Historischen Schriften“ wurde schon gedacht. Von Goethe liegen die „Juristische Abhandlung über die Flöhe“, Berlin 1839 (39 XI/i, 379 r) und „Reineke Fuchs“ (46 XI/a, 47 v/i, VIII/2, XII/2, 71, 47 r, 28 r, 11 r) vor. Letzterer — unter den „Kupferstichen eingereiht — ist allerdings mehr wegen der Zeichnungen Kaulbachs, der hier in ätzender Satire alle Mißstände der Zeit geißelte, beschränkt worden. Eine Jugendausgabe des Werkes wurde übri­gens verboten (37 XII/2, 452 r) 75). Von den anderen bedeutenden Dichtern sei zunächst noch einmal auf Jean Paul und Hebbel verwiesen. Damnatur bekamen: Karl Immer­mann, Die Epigonen, Düsseldorf 1836 (36 VII/i, 525), die Novelle „Burg Frankenstein“, Nordhausen 1836 (36 Ix/i, 533) von Achim von Arnim, aber auch dessen „Sämmtliche Werke“, herausgegeben von H. Grimm, Ber­lin 1839 (40 1/2, 368), desgleichen auch „Gesammelte Schriften und Schick­sale“, 1. Bd., Stuttgart 1839 (39 VI/2, 405), des unglücklichen Daniel Schubart, der durch seine zehnjährige Haft auf dem Hohenasperg, nach der er vom gleichen Despoten zum Hofdichter ernannt worden war, heute bekannter ist als durch seine Dichtungen, ferner August Graf Pla­ten, Gesammelte Werke, Stuttgart und Tübingen 1839 (39 v/2, 413). Zu Gutzkow und den übrigen Schriftstellern des „Jungen Deutsch­land“ sei noch einmal auf Glossys Literarische Geheimberichte, die gerade zu ihnen so vielfache Ausführungen und Anmerkungen bringen, hinge­74) J. Marx, Metternichs Gutachten zu Grillparzers Gedicht „Campo vac­cino“, Jahrb. d. Grillparzer-Gesellschaft. N. F„ 2. Bd., Wien 1942; S. 49—69.— Glossy, a. a. 0„ II., S. 265 (Rollett). — 75) Wilh. v. Ka ulbach: geh. 15. 10. 1804 in Arolsen, gest. 7. 4. 1874 in München; das Werk erschien in Lieferungen. -— K. Gutzkow, Über Goethe i n Wendepunkt zweier Jahrhunderte, Berlin 1836 (36 VIII/2, 531 r) u. Dr. K. Reck, Goethe und seine Widersacher ..., Weimar 1837 (37 v/1, 497 r) erhielten erga schedam. — Glossy, a. a. O., I„ S. 66, 67; Anm„ S. 38. — J. Mar x, Schiller und Österreich, in Wiener Geschichtsblätter. Wien 1955, Heft 4; S. 77 ff. —

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