Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 8. (1955)

WINTER, Otto Friedrich: Die „Obere Registratur“ des Reichshofrates 1938–1954

308 Archivberichte I. Die Entstehung der „Oberen Registratur.“ Ihre Schicksale bis 193 8. Über die Gliederung der Judizialakten der „deutschen Registratur“ des Reichshofrates, die im Wesentlichen heute noch in der Form des 18. Jahrhunderts besteht, hat Lothar Gross eine ausgezeichnete Übersicht gegeben 1). Seinen Ausführungen zufolge wurde im 18. Jahrhundert neben der schon bestehenden „registratura curren­tium“ und „registratura antiquorum“ bzw. der Serien der „acta primae instantiae“, „acta commissionalia“, „acta vicariatus“ wegen Überfüllung der nach den Anfangsbuchstaben der Kläger geordneten Rubriken 2) eine weitere Serie neuer Causen gebildet, die man nach ihrem Aufstellungsort in einem der oberen Registraturzimmer „acta currentia in der oberen Registratur“ benannte. Nach dem „Versuch und Plan zu einer Umarbei­tung der reichshofrätlichen teutschen Judicialregistratur“ des Registra­tors Nikolaus Wolf aus dem Jahre 1792 sollte diese Serie, in die die zugehörigen „acta primae instantiae“, „acta commissionalia“, „acta vica­riatus“ und zum Teil auch die Relationen der Reichshofräte eingelegt wurden, neben den „acta decisa“ als einzige Registratur der nicht ent­schiedenen Sachen bestehen bleiben3). Nach 1806, als mit dem „Heiligen Römischen Reich“ auch der Reichs­hofrat sein Ende gefunden hatte, ging die „Obere Registratur“ mit den anderen Reichshofrat-Beständen in die Verwaltung der „zu den reichs- hofräthlichen Judicial- und den in der Reichslehen- und Gratialregistra- tur aufbewahrten Acten, dann zur reichshofräthlichen Depositen-Cassa verordneten Hofcommission“ 4) über. Als jedoch 1809 die Franzosen Wien besetzt hatten, ließ Kaiser Napoleon I. die Reichsarchive nach Paris schaffen, um sie dem nach seinem Plan dort zu errichtenden europäischen 0 Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, hrg. von L. Bittner, Band I (Inventare österreichischer staatlicher Archive V, Inven- tare des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs 4), Wien 1936, S. 300 f. Daraus werden hier nur die für die „Obere Registratur“ wichtigen Momente angeführt. 2) Die auf den alten Faszikeldeckeln und in den Repertoiren dafür verwen­dete Abkürzung lautet „R. C.“, d. h. rubrum capitale. Innerhalb der einzelnen „rubra capitalia“ liegen nun entweder Prozeßakten, deren Klägername mit dem „rubrum capitale“ übereinstimmt, oder es sind einige, ähnlich klingende, die nur mit dem Anfangsbuchstaben übereinstimmen, angeschlossen. Es kann aber auch — besonders in der „Oberen Registratur“ — Vorkommen, daß kein einziger Klägername mit dem „rubrum capitale“ übereinstimmt, nämlich dann, wenn dieses aus einer der älteren Serien übernommen wurde und kein neuerer Prozeß auf denselben Namen anfiel. In einigen Fällen wurden „rubra capitalia“ auch aus Buchstabengruppen gebildet, z. B. Ba-, Bi-, Ef-, in denen dann die diesen Buchstabenpaaren entsprechenden Klägernamen enthalten sind. Besonders häu­fige Klägernamen oder besonders aktenreiche Prozesse führten dazu, daß inner­halb eines „rubrum capitale“ fortlaufend numerierte Faszikelserien gebildet wurden, etwa bei Sachsen mit R. C. 1 bis 44. Die Art der Anordnung wird deshalb so genau erörtert, weil sie beim Wieder- zusammenstellen loser Akten große Schwierigkeiten bot; es ergibt sich daraus auch, daß trotz der grundsätzlich alphabetischen Anordnung das Ausfindig­machen eines Prozesses ohne Kenntnis des Rubrums, das sich im Index des Archivbehelfs 48 ermitteln läßt, sehr zeitraubend, wenn nicht unmöglich sein kann. 3) Gross, a. a. O., S. 300 f. 4) G r o s s, a. a. O., S. 286.

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