Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
WASSILKO, Theophila: Die Internationale Musik- und Theaterausstellung Wien 1892 und das Obersthofmeisteramt
Die Internationale Musik- und Theaterausstellung Wien 1892 461 dessen Protektorat Prinz Ludwig von Bayern übernahm. Das Präsidium für die Berliner Fachausstellung wurde dem Berliner Generalintendanten Graf Bolko von Hochberg, das für die Münchner Fachausstellung Freiherrn von Perfall übertragen. Spanien traf Vorbereitungen. Der Kaiser von Rußland erlaubte den Hoftheaterintendanten und den Hofämtern, sich an der Ausstellung zu beteiligen. In Italien bildeten sich 48 Lokalkomitees. Graf Arnobaldi, der Vertreter Italiens trifft mit außerordentlichen Vollmachten in Wien ein. Von Berlin kommt Professor Dr. Hans Müller von der Hochschule für Musik, um die finanziellen Grundlagen des Unternehmens zu prüfen. Die Kommissäre Rußlands, Spaniens, Frankreichs, Englands treffen in Wien ein. Auch im Inland bildeten sich Lokalkomitees. Das Komitee in Prag konstituierte sich unter dem Vorsitz des Fürsten Ferdinand Lobkowitz 15), dem die Professoren des Prager Konservatoriums und die Direktoren der beiden Landestheater sowie Kunst- und Musikfreunde angehörten. In allen Reichen und Ländern arbeiteten Spezialkomitees, alle Staaten wetteiferten, ihre kulturelle Vergangenheit und den Beitrag, den sie zur europäischen Kultur geleistet haben, der Welt vor Augen zu führen. Mitte Oktober begannen unter Leitung der Referenten Dr. Adler und Dr. Glossy die Vorarbeiten für die Erwerbungsaktionen. Adler mußte seine Lehrtätigkeit an der Prager Universität für ein halbes Jahr unterbrechen, um sich ganz den Ausstellungsarbeiten widmen zu können. Schon im September betrug die Zahl der zur Beteiligung an der Ausstellung an Tonkünstler, Musikforscher, Kunstfreunde, Sammler, Verleger und Instrumentenerzeuger verschickten Aufrufe 400.000. Erzherzog Carl Ludwig ließ Zirkulare mit eigener Namensfertigung und der Bitte um Beschickung der Ausstellung an die Klöster ergehen. Pauline Metternich schrieb Briefe und Einladungen, um Aussteller zu gewinnen19). Das unter dem Vorsitz der Gemahlin des Statthalters Gräfin Anastasia Kielmansegg konstituierte Damenkomitee bemühte sich neben der Geldbeschaffung interessante Ausstellungsobjekte ausfindig zu machen, die sich in privatem Besitz befanden. Ein Denkmalschutzgesetz oder ein Documentations-Center, das auch den privaten Besitz erfaßte, war nicht vorhanden. Lediglich Ansätze zu einer musikbibliographischen Erfassung der öffentlichen und privaten Bibliotheken waren seit zwei Jahren im Gange* 17), die nun den Arbeiten zugutekamen. Nachdem man sich über die Methode des Katalogs geeinigt, die Kataloge der öffentlichen Sammlungen in Österreich, Deutschland und der Schweiz durchgesehen und auch die Musik- und Literaturgeschichte studiert hatte, 19) Guido Adler, Wollen und Wirken, S. 60 f., Wiener Zeitung, 15. Nov. 1891. 19) Sie hat, wie sie in den „Souvenirs“ erzählt, im Laufe dieser Ausstellung 1800 Briefe an Künstler, Gelehrte, Theaterdirektoren, kurz an die maßgebenden Faktoren geschrieben. 17) Vorwort zum Fachkatalog für die Musikhistorische Abteilung.