Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

STRASSMAYR, Eduard: Das Archiv der Stadt Enns

Das Archiv der Stadt Enns 451 Stücke fanden auch im Landesarchiv Graz, Stiftsarchiv Seitenstetten, in den Wiener Städtischen Sammlungen und bei dem Archivar des Deutschen Ritterordens Aufnahme oder kamen in den Besitz eines Steyrer Landes­gerichtsrates, eines Wiener Feuerwehrinspektors und eines Trödlers am Wiener Salzgries. In jahrzehntelanger Sammelarbeit ist es dem oberöster­reichischen Landesarchiv gelungen, viele weithin verstreut gewesene Enn- ser Archivalien wieder zu einem stattlichen Bestand zu vereinigen und der Geschichtsforschung zugänglich zu machen. Hier hat das Provenienzprinzip als Grundlage wissenschaftlicher Archivtätigkeit wieder einmal seine praktische und erfolgreiche Verwirklichung gefunden. Eine Überschau über die erhalten gebliebenen Ennser Bestände führt zu dem weniger erfreulichen Ergebnis, daß der weitaus größte Teil, schätzungweise mindestens 90 Prozent des Stadtarchivs dem geschichts­fremden Sinn der Gemeindeväter und auch dem Raummangel zum Opfer gefallen ist. Immerhin wird der künftige Verfasser einer Ennser Stadt­geschichte vom 15. Jahrhundert an ergiebigen Quellenstoff vorfinden. Ihm steht auch das reichhaltige Stadtpfarrarchiv zur Verfügung, dessen Matri- ken bis 1618 zurückreichen. Eine mit dem Jahre 1323 beginnende Reihe von Ablaß-, Stift- und Kaufbriefen, viele Kirchenrechnungen, Bauakten, Urbare und Inventare beleuchten das kirchliche, wirtschaftliche und kul­turelle Leben in einer uralten Pfarrgemeinde, deren Gotteshäuser seltene Kunst bergen. Über den Herrschaftsbereich der landesfürstlichen Burg Enns und deren Verhältnis zur Stadt, über Maut und Ungeld, Handel und Gewerbe geben die umfangreichen Faszikel des Wiener Hofkammerarchivs (Niederöster­reichische Herrschaftsakten) vom Jahre 1276 angefangen Aufschluß. Innerhalb des Ennser Burgfrieds befanden sich zwei Herrschaftssitze: Die landesfürstliche Burg Enns und das Schloß Ennsegg. Erstere zu Beginn des 16. Jahrhunderts am oberen Ennsberg erbaut34), diente als Absteig­quartier für den Landesherrn und als Amtssitz des Burgvogtes. An der Nordostseite der Ringmauer, knapp bei dem historisch bedeutsamen Sankt Georgenberg erhob sich im Mittelalter die landesfürstliche Burg, die im 16. Jahrhundert verfiel und 1565 vom Kaiser dem Hofvizekanzler Doktor Georg Gienger für treue Dienstleistung ins Eigentum übergeben wurde. Dieser gab dem erneuerten und vergrößerten Bau den Namen Ennsegg, das fortan in den Händen hochadeliger Familien blieb. An dem mit größerem Grundbesitz und zahlreichen Untertanen ausge­statteten Herrschaftssitz entstand ein Verwaltungsarchiv mit Urbaren, Anschlagregistern, Dienstrechnungen und Familienpapieren der Eigentümer. Bereits vor dem zweiten Weltkrieg waren Archivalien an einen Linzer 34) Heute Schuhfabrik Banholzer, Ennsberg Nr. 1 und Wienerstraße Nr. 9—13. 29*

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