Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung

STRASSMAYR, Eduard: Das Archiv der Stadt Enns

Das Archiv der Stadt Enns 449 und Unterricht mit, daß es nicht in der Lage wäre, einer Überlassung zu­zustimmen. Ein späterer Austausch dieser Archivalien könnte nur gegen vollwertigen Ersatz erfolgen. Eine Lösung nach dem Wunsche des Landes­archivs war bisher nicht zu erreichen, da das Linzer Institut der National­bibliothek keinen ihr angemessen scheinenden Tauschgegenstand anbieten konnte. Bevor das Stadtarchiv Enns in alle Winde zerstreut wurde, übernahm der landschaftliche Registrator Georg Weishäupl die Ordnung der Urkun­den und legte im Jahre 1856 einen Schlagwortkatalog mit Namen- und Sachverzeichnis an, der sich heute noch in dem an das städtische Museum angeschlossenen feuersicheren Archivraum des alten Rathauses befindet. Er gliederte den 591 Urkunden umfassenden und gut erhaltenen Bestand in folgende Gruppen: Faszikel A: Stadtprivilegien-Bestätigungen, Stadtrichter- und Ratswahlen, Marktwesen, Handel und Gewerbe, Maut- und Steuersachen, Befesti­gung, Städtische Gebäude und Gründe, Wasserleitung 1212—1700. Faszikel B: Kirchliche und geistliche Angelegenheiten, Gotteshäuser und Kapellen, Stiftungen van Seelenmessen und Jahrtagen 1345—1600. Faszikel C: Lehenbriefe 1409—1580. Faszikel D: Kaufbriefe über Häuser und Höfe, Zehente, Lehen, Wein­gärten, Äcker 1343—1622. Faszikel E: Familienschriften, Geburts- und Heiratsbriefe, Lehrbriefe, Yerlassenschaften, Erbverträge, Schuldurkunden, Wappenbriefe 1366 bis 1653. Dank der sorgfältigen Aufbewahrung hat sich die von Weishäupl ge­troffene Einteilung — jede Urkunde in einem grauen Papierumschlag mit Regest — bis zur Gegenwart erhalten. Bei einer Überprüfung, die im Jahre 1904 vorgenommen wurde, mußte der Abgang der Pancarta Erzherzog Ferdinands von 1522, der Ordnung Ferdinands bezüglich der Wahl und Besetzung der Stadtratsposten 1524 und noch weiterer sieben Urkunden festgestellt werden. Eine Urkunde von 1363 betreffs des Ennser Salzhandels hat der Leiter des Deutschen Ritterordens-Archivs vor 1904 bei einem Wiener Trödler am Salzgries erstanden. Im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden der Urkundenreihe noch 48 Stück angeschlossen, die das Stadt­museum als Hüter des Archivs geschenkweise erhielt oder bei Antiquaren ankaufte. Der iin den Jahren 1857 und 1870 durchgeführte Verkauf des Altpapiers hat den Handschriften- und Aktenbestand derart gelichtet, daß heute die gesamten Archivalien in drei Kästen bequem untergebracht werden können. Mit der Gründung des Museumsvereines „Lauriacum“ im Jahre 1892 wurde eine Heimatschutzstelle geschaffen, die vom Römerlager und der Zivilstadt Lauriacum Bodenfunde von internationaler Bedeutung und die bescheidenen Reste eines der wertvollsten Stadtarchive Österreichs betreut. Mitteilungen, Band 7 29

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