Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
REGELE, Oskar: Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz 1741
Die Schuld des Grafen Neipperg am Belgrader Frieden 383 und teils an auswärtigen Höfen und im Reiche, um nicht gar alles Vertrauen zu verlieren.“ Das von Bartenstein gefertigte Protokoll enthält noch die einzelnen Stellungnahmen wie u. a.: „... man könne schreiben, daß man strafen wolle“ (S i n z e n d o r f), unbedenklich sagen, daß Seine kaiserliche Majestät und sein Ministerium keinen Anteil haben ...“ (A. R. H a r r a c h), „... beide sind schuldig“ (K ö n i g s e g g) und „stimmen alle in principiis überein ... muß eine billige Bestrafung erfolgen.“ Diese Bestrafung sollte sich ausschließlich gegen Wallis und Neipperg richten. Kaiser Karl VI., der sich vor vollendete Tatsachen gestellt sah, gab zwar eine feierliche Erklärung ab, sich an das in seinem Namen gegebene Wort halten zu wollen, verabsäumte es jedoch nicht, durch ein „Circular- Rescript, Was von Sr. Kaiserl. Majestät an dero sammentliche Ministros an auswärtigen Höfen ergangen“ 29), das Ausland dahin zu informieren, daß sowohl Wallis in militärischer wie diplomatischer Hinsicht versagt, als auch Neipperg nicht nur seine Vollmachten überschritten, sondern auch gegen erhaltene Befehle gehandelt habe. Für Ne i p p e r g s Verhalten sei „kein Beyspiel in allen Historien zu finden“. Bei K e r a 1 i o 30) finden wir die nachstehende Betrachtung zum kaiserlichen Rundschreiben vom 19. 9. 1739: „Man glaubt zuerst, das einzige Ziel dieser Klagen sei gewesen, die von ihrem Verbündeten inmitten großer Erfolge verlassene Zarin zu befriedigen. Doch enthüllte die Fortsetzung des Prozesses gegen die verhafteten Generale andere Gesichtspunkte. Der Kaiser und seine Minister, erniedrigt durch den Frieden, bemühten sich, alle Vorwürfe auf den Grafen Neipperg zu häufen. Dieser Gesandte hatte Fehler gemacht, doch muß man unparteiisch sagen, daß er seine Instruktionen befolgt hat. Der Kaiser hatte immer die Dringlichkeit des Friedens betont. Herr von Sinzendorf beklagte sich ununterbrochen über den langsamen Gang der Verhandlungen. Er schrieb ... die Türken würden den Frieden verweigern, wenn sie Belgrad eroberten ... Ein Geheimschreiben aus Wien an Villeneuve schien von der Furcht diktiert zu sein, es könnte die Türkei mit Rußland einen Sonderfrieden schließen.“ Weiter heißt es noch, Gross hätte den Türken 400.000 Gulden angeboten, wenn Belgrad dem Kaiser verbliebe, Sinzendorf habe an Villeneuve geschrieben, der Kaiser ermächtige ihn zum Friedensschluß auf Grund der Zugeständnisse hinsichtlich Belgrad, es sei denn, dieses wäre außer Gefahr, und endlich habe Sinzendorf Neipperg mitgeteilt, Villeneuve könne Frieden schließen, ohne daß gleichzeitig mit Rußland ein solcher vereinbart werde. Interessant ist auch die Meinung Friedrichs II. von Preußen über die gegen Neipperg erhobenen Anschuldigungen. Der König äußerte 2») 19. 9. 1739. — „Wien, bey J. B. Ghelen.“ so) a. a. O., 2. Bd., S. 260 f.