Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 7. (1954) – Festgabe zur Hundertjahrfeier des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung
REGELE, Oskar: Die Schuld des Grafen Reinhard Wilhelm von Neipperg am Belgrader Frieden 1739 und an der Niederlage bei Mollwitz 1741
384 Oskar Regele sich darüber 1775 31): „Neipperg, den der Kaiser und der Herzog von Lothringen inständig beschworen hatten, den Frieden zu beschleunigen, schloß diesen zu Belgrad mit den Türken und wurde dann zum Lohne nach seiner Rückkehr konfiniert.“ Auf Grund eines kaiserlichen Handbilletts an den Hofkriegsratspräsidenten Graf Josef H a r r a c h vom 27. 11. 1739 32) trat eine Kommission zur Untersuchung des Verhaltens der Generale zusammen. Dieses „Judicium delegatum“ forderte Neipperg auf, sich wegen seines Ganges in das Türkenlager, wegen der Friedensbedingungen und der vor Ratifikation zugestandenen Exekution einiger Vertragsbestimmungen zu rechtfertigen, was der Beschuldigte bis zum 15. 12. 1739 durchführte33). Die Kommission verfaßte einen Bericht in 47 Punkten an den Kaiser mit dem Bemerken, das Vorgehen des Feldzeugmeisters sei noch nicht ganz gerechtfertigt, dieser mußte daher eine Ergänzung verfassen, die am 16. 5. 1740 von Glatz aus vorgelegt wurde. Was den Gang in das Türkenlager betrifft, betonte Neipperg, die Unterredung mit V i 11 e n e u v e sei seinem Gutdünken überlassen gewesen, und zwar sollte sie „auf dem näheren Wege“, nach seiner Auffassung also dann stattfinden, wenn der französische Botschafter im Lager eintraf, was am 18. 8. der Fall war. Weiters habe der Kaiser sowohl in seinem Handschreiben vom 11. 8.34) als auch in jenem vom 18. 8.35) ausdrücklich hervorgehoben, „daß alles an der Zeit, um einen Entschluß zu fassen, gelegen sei“ und „da auf das rechte tempo hierunter alles ankomme, solches aus keinerlei Ursach oder Rücksicht außer Acht zu lassen . ..“ L a u g i e r erinnert daran 36), daß Sinzendorf am 5. 8. an Villeneuve mitgeteilt habe, daß der Kaiser erlaubt habe, zu den Türken zu gehen und auch nichts eingewendet habe, als er hörte, der General sei im türkischen Lager. Nicht unwesentlich war die Frage, wieso Neipperg im feindlichen Lager vollkommen abgeschnitten war, sodaß ihm die kaiserliche Weisung vom 24. 8. mit dem Hinweis, es liege der casus extremae necessitatis nicht mehr vor, nicht erreichen konnte. Die Türken hatten aber jeden Verkehr unter31) „Histoire de mon temps“, I. Bd., S. 6 f„ in „Oeuvres historiques de Frédéric II, roi de Prusse“, Berlin 1846. 32) K.A. — H.K.R. — 1739 — Nov. — 726. 33) K.A. — H.K.R. — 1739 — Dez. — 726: „Erste Graf Neipperg’sche Verantwortung . . . des Kaisers wirklicher Kämmerer, Feldzeugmeister und Oberster eines Regiments zu Fuß Reinhard Wilhelm Graf von Neipperg . . . das mit der ottomanischen Pforte jüngst errichtete Friedenswerk betreffend . . . Meierhof Sabatka bei Raab 15. Dez. 1739.“ Die Rechtfertignug verwahrt die Fürst Kins- kysche Bibliothek, sie wird eingehend behandelt von Th. Tupetz in „Der Türkenfeldzug von 1739 und der Friede von Belgrad“ in „Histor. Zeitschrift“, München 1878, Bd. 40. 3D K.A. — H.K.R. — 1739 — Dez. 726 35) K.A. — H.K.R. — 1739 — Nov. 726. 3fi) a. a. O.