Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)
BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)
Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle 223 machten, zu dulden. Josef war wohl bereit, Kritik, die sich nicht als Schmähschrift gebärdete, selbst wenn sie den Landesfürsten traf, falls der Verfasser seinen Namen nannte und nicht in den Schatten der Anonymität flüchtete, von welcher Seite sie auch immer kommen mochte, anzunehmen 141). Um eine einheitliche Behandlung der Zensurgeschäfte auf dem ganzen Staatsgebiet zu gewährleisten, entschloß sich der Kaiser zur Aufhebung der bei Regierungen in den Ländern bestehenden Kommissionen, obwohl die Hofkanzlei vor einer Aufhebung der Länderkommissionen im Hinblick darauf, daß die Einschleppung schädlicher Bücher durch das Fehlen der Länderkommissionen nur begünstigt werden könnte142), warnte. Die Hofkanzlei empfahl dem Kaiser die Anstellung eigener Revisoren in den Ländern zur Kontrollierung der kursierenden Bücher. Außerdem regte die Hofkanzlei die Einleitung der Korrespondenz der Länderchefs mit dem Zensurpräses in Wien an 143). Die Mitglieder der von der geplanten kaiserlichen Maßnahme zunächst betroffenen Zensurkommission äußerten sich nicht einhellig. Der Zensor Böhm sah eine starke Überbelastung der Wiener Zentralstelle voraus, die sich in einem langsamen Erledigungsprozeß der eingereichten Manuskripte und Bücher kundgeben mußte144). Innerhalb der Zensurkommission ergab sich hinsichtlich der Aufhebung der Länderkommissionen Stimmengleichheit, 3 Mitglieder waren für und 3 gegen die Aufhebung, wobei sich der Präsident Clary gegen die Aufhebung der Kommissionen in den Ländern aussprach145). Die staatsrätlichen Gutachten zeigten insofern Übereinstimmung, als sie der Meinung der Kanzlei beitraten und die Befragung der Länderstellen vorschlugen 146). Der Kaiser verfügte am 8. Februar 1781 die Aufhebung der Zensurkommissionen für die gesamten Erblande sowie dass fürohin nur eine bücherzensurkommis- sion zu bestehen und hier in Wien zu versammeln habe147). Die Berichte der Länderstellen in Zensursachen liefen bei der neuen Hofkommission, welche unter der Leitung des Hofbibliothekspräfekten Gottfried van Swie- ten 148) stand, zusammen; die Vorträge und Protokolle der Hofkommission wurden dem Kaiser im Wege der Hofkanzlei zugeleitet. Mit Handschreiben vom 8. April 1782 vollzog der Kaiser die Vereinigung der Zensur- mit der Studienhofkommission, wobei erstere letzterer untergeordnet blieb149). 141) Grundregeln zur Bestimmung einer ordentlichen Bücherzensur (Druck bei H. Gnau, Die Zensur unter Kaiser Josef II. 1911, S. 254). Benna, a. a. O., S. 157. 142) STR 1961/1780. OEZ II/l, 2, 42; II/4, 110 f. Benna, a. a. O., S. 159. 143) Ebenda. 144) STK Notenwechsel ad Polizei 78. Benna, a. a. O., S. 160. 145) STR 124/1781. Benna, a. a. O., S. 162. 14e) OEZ II/4, 112—116. Benna, a. a. O., S. 162. 14U OEZ II/4, 116—117. Benna, a. a. O., S. 162. 148) Arch. d. BM. f. Unterricht. Studienhofkommission Agenda, Kompetenzen ZI. 84/1781 (Fz. 1) Handbillet an Blümegen, 1781 Nov. 29. Benna, a. a. O., S. 163. 149) STR 1108/1782, OEZ 11(4, 119 f. Benna, a. a. O., S. 163.