Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 6. (1953)

BENNA, Anna Hedwig: Organisierung und Personalstand der Polizeihofstelle (1793–1848)

222 Anna Hedwig Benna drang mit seinem Antrag nicht durch. Der Staatsrat Eger hielt die Aus­führung dieser Pläne nicht für opportun, da die Zensur der Aufsicht des Direktoriums unterstand. Das Direktorium lehnte Pergens Ansinnen mit dem Bemerken, die Polizeihofstelle hätte kein geeignetes Personal, ab. Damit war der erste Vorstoß Pergens, die Zensur in seine Hand zu bekom­men, gescheitert. Die Zensur gehörte in dieser Zeit zum Agendenkreis der Hofkanzlei. Das Interesse des Staates für das geschriebene Wort erwachte verhältnis­mäßig spät, Karl VI. erließ 1725 ein Zensuredikt, in dem er dem Rektor der Wiener Universität den Auftrag erteilte, Werke politischen Inhalts an das Hoflager einzusenden. Die Zensur bzw. Revision der in die Monarchie aus dem Ausland einströmenden Werke blieb bis weit in die Zeit Maria Theresias hinein Aufgabe der Universität, vor allem des akademischen Senates137 138). Die Errichtung einer eigenen Kommission bei der n.-ö. Re­gierung, an welche die Universität die Gutachten ihrer Zensoren einzusenden hatte, führte zu Konflikten zwischen Regierung und Universität 188). 1753 entzog die Kaiserin der Universität die Zensur völlig und betraute damit eine eigene, von der Regierung gelöste Bücherrevisionskommission, die jedoch nie den Rang einer Hofkommission erreichte, da sie dem Directo­rium in publicis et cameralibus unterstellt blieb 139). Der Geschäftsgang der Bücherzensurkommission, welche zeitweilig mit der Studienhofkommission vereinigt war, konnte infolge ihrer unselbständigen Stellung nicht anders als schleppend sein.. Die Kommissionsvorträge gelangten wohl unmittelbar an die Kaiserin, wurden jedoch von der Kaiserin an das Directorium zur Begutachtung weitergeleitet, um endlich der Kaiserin zur Resolution vor­gelegt zu werden140). Außer dieser Wiener Zensurkommission gab es in den Ländern eigene Kommissionen innerhalb der Regierungen. Es konnte nicht überraschen, daß Josef II. bald nach seinem Regierungsantritt daran ging, die Zensur neu zu organisieren. Des Kaisers stark doktrinärer Be­handlung der Staatsgeschäfte entsprach es, eigene Regeln für die Ge­schäftsführung der Zensoren zu erlassen. Diese Regeln dürften jedoch kaum die Gloriole, welche die liberale Legende um das Haupt des Kaisers spann, rechtfertigen. Josef II. empfahl Strenge gegen alles, aus dem keine geiehrsamkeit und keine aufklärung entstehen konnte, dagegen Nachsicht gegen solche Werke, in denen sich gelehr samkeit, kenntnisse und ordent­liche sätze fanden. Der Kaiser war jedenfalls nicht gesonnen, Werke, welche den Staat gefährdeten oder systematisch die katholische Religion oder irgend ein anderes christliches Bekenntnis angriffen oder lächerlich 137) Zur älteren Geschichte der Zensur in Österreich vgl. A. Fournier, Gerhard van Swieten als Zensor (1887) S. 7. 138) Dazu Fournier, a. a. 0., S. 13. Benna, a. a. O., S. 154. i3») Dazu Fournier, a. a. O., S. 27. Starz er, a. a. O., S. 68. Benna, a. a. O., S. 155, OE Z II/l, 1. S. 357, Anm. 2. 140) Dazu OEZ II/l, 1, S. 157. Benna, a. a. 0., S. 155, 156.

Next

/
Oldalképek
Tartalom