Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)
AUER, Erwin M.: Kulturgeschichtliche Ordensforschung
Kulturgeschichtliche Ordensforschung 307 Verschiedene Orden und Ehrenzeichen des Mittelalters haben sich als Denkmale nicht bis auf unsere Tage erhalten und können daher nur an Hand zeitgenössischer Abbildungen studiert werden. Solche Abbildungen, die in späteren Epochen die Geschichte neuzeitlicher Ehrenzeichen ebenfalls zu erläutern geeignet sind, verdienen daher als Quellen die besondere und kritische Beachtung der Ordenskunde. Schon Sava hat Ordenszeichen auf Siegeln nachgewiesen 12) und der Verfasser konnte als Petschaft eines Gegensiegels zu Urkunden Herzogs Albrechts VI. von Österreich (1418—1463) einen Ringstein feststellen, in dem das Zeichen der ritterlichen Gesellschaft vom Salamander eingeschnitten war13). Thomas beschäftigte sich mit der Darstellung von Orden und Ordenssymbolen auf Waffen 14), während Neubecker neben Siegeln, Wappen und Exlibris auch Grabsteine als Abbildungsträger von Ehren- und Gesellschaftszeichen heranzog15). Über Orden auf Wagen, Pferdegeschirren und Schabracken wird der Verfasser noch an anderer Stelle berichten. Wertvolle Aufschlüsse gewähren aber auch Porträts und Büsten, da sie vielfach Orden und Ehrenzeichen abbilden. Freilich muß bedacht werden, daß Ordensabbildungen auf Porträts Gesichertes nur über die Trageweise, nicht aber immer über die formale Gestaltung der Orden aussagen. So konnte z. B. die mit Brillanten verzierte Halsdekoration des Toison-Ordens auf dem Bild Franz (II.) I. von Österreich (vgl. Abb. 3 und 4) 16) mit keiner der im den Schatzkammer- inventaren der Zeit beschriebenen Halsdekorationen identifiziert werden. Dem Maler kam es überhaupt nicht auf eine realistische Darstellung der Ordenspartie im Detail an, da er diese nicht nur in der Zeichnung, sondern auch im Kolorit dezent zurücktreten ließ. Andererseits weist dieses Bild die Trageweise des bereits in loser Dreieckform gelegten Bandes des Armee- (Kanonen-) Kreuzes sowie der vereinigten Sterne der österreichischen Hausorden nach. Diese wenigen Hinweise aus der Fülle des zur Verfügung stehenden Abbildungsmateriales genügen, um dessen Bedeutung für die Forschung zu unterstreichen. Sie mögen zugleich diesen Abschnitt beschließen, der einige Gedanken über die Vorarbeiten bringen wollte, die jegliche Forschung auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Ordenskunde einleiten müssen. II. Für die Ordenskunde ist es auch wichtig zu wissen, welche Fragen aus dem Bereich der Orden und Ehrenzeichen vor allem den Historiker 12) K. v. Sava, Die Siegel österreichischer Regenten bis zu Kaiser Max I., Wien 1871, S. 71, 124 Fig. 44, 127 Fig. 53 u. a. O. 13) Mehrere Urkunden des Jahres 1444; Größe des Ringsteines 11 X 8 mm. Eine Abbildung wird im Rahmen einer Arbeit über die Siegel Albrechts VI. veröffentlicht werden. 14) A. Grosz und B. Thomas, Katalog der Waffensammlung in der Neuen Burg. Wien 1936, S. 28 Nr. 24, 30 Nr. 36/37, 32 Nr. 6, 47 Nr. 6, 87 Nr. 91 u. a. O. 15) N e u b e c k e r, Ordensritterliche Heraldik, a. a. O., z. B. Abb. 108, 109, 110 oder 115. 18) KhM-Gemäldegalerie Inv.-Nr. 8639: Nicht signiert, Kaiser Franz (II.) I. in Feldmarschall-Uniform. Gesamtaufnahme KhM II 9672, Detail II 9673. 20*