Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878—1881 191 bischen Schweineexportes ungemein leidet, in einer geradezu vernichtenden Weise schädigen würde“ 7). Das war am 8. III. 1879. Aber die passive Haltung Österreichs, das nun schon das Doppelte der vereinbarten Frist (8 Monate) tatenlos hatte verstreichen lassen, zeitigte ihre ersten Folgen. Andrássy hatte auch im Februar wieder seine Ressortminister zur Beschleunigung der Vorarbeiten für die Verhandlungen angeeifert, da „in Serbien fremder Einfluß ge­schäftig ist, aus unserer bisherigen passiven Haltung Nutzen zu ziehen und eine Gestaltung der Handels- und Verkehrsverhältnisse Serbiens herbeizuführen, welche die handelspolitischen Interessen der Monarchie ... in hohem Grade gefährden könnte.“ Wenn diese italienischen, russischen, englischen und rumänischen Einflüsse überhandnehmen würden, so würde die Regelung dieser Fragen gegen die wirtschaftlichen Interessen Öster­reichs erfolgen, vom politischen Schaden ganz zu schweigen8). Diese Gefahren deuteten sich auch in den obigen Worten Ristic’ an, es hänge von Österreich ab, sich vor allen übrigen Staaten mit Serbien zu verständigen. Ohne jedoch auf die österreichische Antwort lange zu warten, schloß er bereits zehn Tage später mit Großbritannien seinen ersten Handelsvertrag ab, dem am laufenden Band die mit Italien (8. V.), Rußland (19. V.), der Schweiz (26. VII.) und Belgien (23. X.) folgten. Alle waren nur provisorisch gedacht und enthielten nur die Klausel der Meistbegünstigung“). Wozu diese Eile? Die nüchternen Ausweise der Statistik besagen, daß der serbische Handel mit den obengenannten Staaten in den Jahren 1870—1880 ent­weder gleich Null war, oder so gering, daß er der Statistik nicht würdig gefunden wurde. Nur der Anteil Rumäniens am serbischen Export betrug damals 1,9%, am Import 4,7%. Wirtschaftlich lassen sich also diese Verträge nicht begründen. Politisch erklären sie sich aus dem Streben der serbischen Regierung, den bisher gültigen Vertragszustand, dem Serbien als ehemaliges Glied des türkischen Reiches auch nach dem Kongresse noch unterworfen geblieben war, abzuändern, das Recht also zum Ausdruck zu bringen, als selbständige, vertragsschließende Macht behandelt zu werden. Die formelle Betonung der Selbständigkeit stand im Vordergrund der Erwägungen. Da Serbien damals noch nicht diese Gleichberechtigung in einem Vertrage mit Öster­reich erreichen konnte, so tat es dies in wirtschaftlich belanglosen Ver­trägen mit anderen Mächten. Aber die Tragweite der Verträge erschöpft sich nicht in dieser Erklärung. In der Berliner Konvention verpflichteten sich Österreich und Serbien, einen Handelsvertrag zu schließen, wobei man den Grenzverkehr einer besonders begünstigten Behandlung unterwerfen wollte10). Diese Bestim­mung diente dazu, das österreichische Recht auf eine differentielle Be­günstigung in Serbien, zuletzt durch den österreichisch-türkischen Vertrag von 1862 bestätigt, auch in die neue Zeit des selbständigen Serbiens hinüber­

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