Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

192 Ferdinand Hauptmann zuretten. Aber schon bald hatte Andrássy eingesehen, daß die Fassung der Konvention keine genügende Gewähr dafür bot und daß die alleinige Rettung im eiligen Beginn der Verhandlungen lag u). Ristic kam ihm aber durch den Vertrag mit England zuvor; die darin enthaltene Meistbegünsti­gungsklausel bedeutete, auf die Berliner Konvention angewendet, daß jede differentielle Begünstigung Österreichs erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht wurde 12). Schon gar keine Rede konnte mehr über einen Zollbund der zwei Nachbarstaaten sein. Fast gleichzeitig langte deshalb in Wien Ristic’ definitive Absage ein: „ ... bezüglich der Ideen über einen Zollbund Österreich-Ungarns, Serbien, Rumäniens etc... bedauert der Herr Minister­präsident sich ihnen nicht anschließen zu können, und zwar umsomehr als die Legislative Serbiens sich entschieden gegen eine Zollunion ausgespro­chen hat“ 13). Allerdings kam jetzt alles auf den Standpunkt an, den Österreich gegenüber dem englischen Vertrag einnehmen werde, und dieser hing wiederum von der Beurteilung der „conditions actuelles des relations commerciales“ ab, welche der Berliner Kongreß bezüglich Serbiens bis zu deren vertraglichen Abänderung aufrechterhalten hatte. Die Grundlage des handelspolitischen Verhältnisses Österreichs zur Türkei, und damit auch zu Serbien, bildete der Vertrag von Pozarevac (Passarowitz) vom J. 1718, der Österreich das Recht auf Meistbegünstigung zuerkannt und außerdem die Einfuhrzölle in der Türkei auf 3% ad valorem festgesetzt hatte14). Dieser Vertrag enthielt hinsichtlich Serbiens eine neue Bestätigung im J. 1862, in dem für dieses Teilgebiet des türkischen Reiches der damalige Zustand aufrechterhalten blieb, obwohl für die an­deren, unter rein türkischer Verwaltung stehenden Gebiete der Einfuhrzoll auf 8% erhöht wurdelä). Österreich genoß also in Serbien eine weitgehende differentielle Begünstigung, welche de jure bis 1878, beziehungsweise bis zum österreichisch-serbischen Handelsvertrag von 1881 galt. Der Haupt­fehler wurde jedoch 1862 gemacht, als Österreich nicht darauf gedrungen hatte, den status quo näher zu bezeichnen, weder in Rumänien, noch in Serbien, beziehungsweise, als es ruhig zuließ, daß Serbien 1864 einen autonomen Zolltarif einführte. Allerdings ging Serbien dabei sehr vor­sichtig vor; formell behielt es den 3%igen Wertzoll, nur berechnete es den Wert der eingeführten Waren nicht nach dem Preise am Herstellungsort, sondern am Belgrader Markte. Von diesem höheren Preis erhob es zwar weiterhin nur 3%, aber im Verhältnis zu den 3% aus dem J. 1862 und früher betrug der Zoll nun 5—7%, durch Einführung von Regaltaxen auf gewisse Artikel sogar 15—20% des Wertes16). Nicht genug damit, hörte damals auch die differentielle Begünstigung Österreichs auf, weil Serbien den neuen Tarif allen Staaten gegenüber anwendete. Österreich blieb nur insofeme begünstigt, als mit ihm damals niemand in Serbien mangels der Verkehrsmöglichkeiten konkurrieren konnte. Es bildete sich somit ein

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