Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 5. (1952)

HAUPTMANN, Ferdinand: Österreich-Ungarns Werben um Serbien 1878–1881

176 Ferdinand Hauptmann weiters noch nicht eingeladen werden können“ 200). „Die Commission ä quatre kann nach unserer Auffassung demnach nur das Resultat der vorher zwischen uns und Serbien getroffenen Abmachungen, aber nicht den Aus­gangspunkt bilden, von welchem aus der Abschluß der im Berliner Vertrage vorgesehenen Eisenbahn-Vereinbarungen zu suchen ist. Nur nachdem Ser­bien und wir uns über den Wirkungskreis dieser Commission im Sinne der Convention vom 8. VII. untereinander verständigt haben werden, können wir behufs Beitrittes zu dieser Commission mit gemeinsamen Anträgen an die Türkei und Bulgarien herantreten. Es unterliegt aber im Sinne der gedachten Convention keinem Zweifel, daß dieser Commission niemals eine ähnliche Competenz zufallen kann, wie sie Herr Ristic ihr vindiciren möchte“ 201). Der Kampf zwischen den beiden Staatsmännern drehte sich nun um die Frage der Kommission, beziehungsweise des türkischen und bulgarischen Anschlusses. Ristic hatte seinen Standpunkt schon seit Anfang des Jahres 1879 verfochten und immer den Vorbehalt des Zusammentrittes der Kom­mission gemacht 202). Die Sorge um den gleichzeitigen Anschluß in alle Richtungen war bei ihm der Erkenntnis entsprungen, daß die serbischen Linien wenigstens im Anfang nur als ein Glied des internationalen Verkehrs bestehen könnten; innere Bedürfnisse machten den Bau damals weder not­wendig, noch finanziell verlockend. Ristic warf infolgedessen die Anschluß­frage nur deshalb auf, um den kostspieligen Bau der Eisenbahn aufzu­schieben. Denn allein Serbien und Österreich hatten sich gegenseitig ver­traglich verpflichtet, die Eisenbahn auf ihren Gebieten in drei Jahren zu erbauen; wenn nun die Vierer-Kommission zusammenträte, so müßte man trachten, auch die Türkei und Bulgarien zum Ausbau ihrer Anschlußlinien im gleichen Zeitraum zu verpflichten, wofür jedoch wenig Aussicht bestand. Dadurch hätte sich aber dann auch Serbien der dreijährigen Frist ent­zogen 203). Der serbische Staatsmann verlangte deshalb so hartnäckig die Sicherung aller Anschlüsse, weil nur auf diese Weise die serbischen Linien zu einer Weltbahn würden 204) und die Anschlüsse Serbien dann den Zugang zum Meer öffnen würden; erst „dann werden wir nicht mehr dem handelspoli­tischen Unterhändler (Österreich-Ungarn) auf Gnade und Ungnade ausge­liefert sein. Darum sage ich stets Saloniki und wiederum Salo­niki“205). Er konnte insoferne diesem Streben Nachdruck verleihen, als auf die erste Ankündigung seiner Bedenken und Reserven noch im März 1879 Andrássy nicht sofort die Sache klargestellt hatte, da er es anscheinend nicht für notwendig erachtet hatte, sich noch vor Beginn der eigentlichen Verhandlungen in eine Besprechung dieser Fragen einzulassen. Übrigens sprach Andrássy auch selbst immer nur vom Zusammentritt der Kom­mission und nicht vom Separatabkommen mit Serbien 206). Daß aber selbst die Fassung der Konvention solche Bedenken und Interpretationen durchaus nicht ausschloß, zeigt auch der leidenschaftliche Verfechter des österreichi-

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