Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)
AUSSERER, Carl: Der „Liber jurium in valle Lagari“
70 t Carl Äusserer kurzer Regierungszeit 1223 gestorben ist. Unter seinem Nachfolger Bischof Gerard Oscasalli (1223—1232) flackerten die Fehden neuerlich auf, die unter seinem Nachfolger Aldriget von Campo (1232—1247) wieder einen Höhepunkt erreichten. Die Bischöfe, die sich auf die kaiserliche Macht gestützt hatten, begannen sich in der Folgezeit an den päpstlichen Stuhl zu halten ]). Die Einsetzung des berüchtigten Sodegers de Tito zum kaiserlichen Vollmachtträger und Podestä in Trient hatte nicht nur die Lage des Bischofs sehr erschwert und den rebellischen Geist des immer mehr und mehr nach Macht und Ausdehnung territorialer Rechte strebenden Landadels gestärkt, sondern insbesondere das Land mitten in die oberitalienischen Parteienbewegungen gerissen und damit neue Gegensätze geschaffen. Diese wurden noch durch verwandtschaftliche Beziehungen beeinflußt. Verworrene Zwistigkeiten mit wiederholt wechselnden Parteistellungen waren die Folge, deren Klarstellung heute noch lange nicht erreicht ist. Inmitten dieser Kämpfe waren das Bistum und sein Bischof in der Behauptung ihrer Rechte stets gefährdet. Insbesondere das Lagertal, das an Burgen und Schlössern reiche, prächtige, südlich von Trient längs der Etsch verlaufende Tal, war der Schauplatz dieser Zwiste. Die dortigen Burgherren, noch ganz getragen von mittelalterlichem Raubrittergeiste, suchten ihre territoriale Herrschaft immer mehr auszudehnen, verübten Willkürakte und schreckten vor Raub und Plünderung nicht zurück. Insbesondere Jacob von Lizana, der in seiner von ihm angemaßten Grafschaft Lizana ein mittelalterliches Raubritterleben führte, hat den Bischof hart bedrängt. Ihm leisteten neben seinen Söhnen Albert und Jacobin die Herren der nahegelegenen Burgen: Friedrich und Toprand von Castelbarco, Heinrich von Mori, Ubert von Brentonico und dessen Söhne Albert, Gislembert und Aldriget, Christian von Pomarolo und Gislembert von Drö Gefolgschaft. Sie setzten sich in den Besitz der Schlösser Prataglia, Castelcorno und Castelnuovo, führten regelrechte Kämpfe gegen den Bischof, der selbst gezwungen war, zu Felde zu ziehen. Der Erfolg blieb nicht aus. Dem Bischöfe gelang die vollständige Niederwerfung und Unterdrückung der aufrührerischen Vasallen, die trotz ihrer schweren Vergehen bald wieder begnadigt und ihrer Lehen teilhaftig wurden. Der kleine Codex führt uns mitten in all die hier kurz berührten wechselvollen Ereignisse: in die politischen und kriegerischen Vorx) Vgl. Voltelini, Beiträge, S. 6.