Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)
AUSSERER, Carl: Der „Liber jurium in valle Lagari“
Der „Liber jurium in valle Lagari“ 71 gänge um die Hauptburgen und Schlösser des Lagertales, ihrer Unterwerfung, ihrer Rechtsstellung zum Bischöfe und Bistume, ihrer Abhängigkeit von diesen und in die abgaben- und lehensrechtlichen Verhältnisse des Lagertales zum Bistume. Das Rechtsbuch leiten drei Urkunden vom 19. September 1224 ein, die in die Geschichte des alten Schlosses Gardumo, des „castrum vetus de Gardumo“ und des neu errichteten Gresta einführen. Aus den beiden ersten Stücken geht hervor, daß die vier Brüder Bonifacin, Gumpus, Aldriget und Jordan der im Norden von Loppio im Gardumo- tale gelegenen Burg Gardumo1) in einem Streite lagen, daß der Bischof diesen einen Waffenstillstand bis zum 11. November (Martini) bei Strafe von 2000 Pf. befohlen und daß sie dem Bischöfe das Schloß aufzusenden hatten, der die Hut desselben dem Wilhelm von Beseno und Ulrich von Nomi übertragen hat. Wohl im Zusammenhänge damit stimmten am selben Tage auf Anlangen Bischof Gerards Herr Adelpret Graf von Tirol, Nikolaus von Enn, Rudolf Rubeus, Bonifaz, Gumpus von Gardumo, Aldriget und Jordan von Gardumo, Jordan von Telve, Heinrich der Bella 2), Vikomar von Rambaldo und andere mehr bei, daß niemand ein bedingtes Lehen — feudum conditionale — weder zur Gänze noch zum Teile weder verschenken noch veräußern darf ohne Bewilligung des Lehensherrn, von dem er es zu Lehen hat. Ein an und für sich scheinbar selbstverständliches Recht, das aber nicht beachtet und dessen Lockerung angestrebt worden ist. Die Erklärung war in Gegenwart des Richters Trentin, des Montenarius von Disuculo, des Magister Albert, des Peter von Malosco und in Anwesenheit der Herren Ubert von Brentonico und des Aldriget *) Bei Gar: Annali del principato ecclesiastico di Trento dal 1022 al 1540, compilati sui documenti da Francesco Felice degli Alberti, Trento 1860, p. 92, sind die vier Brüder als Castelbarker bezeichnet, was unrichtig ist. Erst später gelangte die Burg in den Besitz der Castelbarker. Es war Sitz der alten Herren von Gardumo, die Mitte des 12. Jahrhunderts — 1159 mit Bebuleus (1161 Bovol- chinus) et Bonifatius zum ersten Male aufscheinen (Kink, Cod. Wang. Nr. 7). In der Folge hatten die Herren von Gardumo sich an den Machtbestrebungen der Tiroler Grafen neben anderen beteiligt und waren in diesem Kampfe durch den stärkeren Bischof Gerard I. (Oscasalli 1223—1232) zurechtgewiesen worden. 2) Henricus de Bella war der Sohn des Gerhard de Bella von Verona, dessen Familie seit altersher das Richteramt als Stiftslehen innehatte. Dieses umfaßte nach der Erklärung vom 24. Jänner 1220 das Recht, Straferkenntnisse über Kriminalsachen zu fällen, jedoch nur hinsichtlich jener Leute, über die das Urteil nicht der Kurie der Vasallen zusteht. Im übrigen gebührt ihm das Richteramt nur insoweit es der Bischof nach seinem Belieben überhaupt jemandem übertragen kann. Kink, Cod. Wang. Nr. 65 und 144.