Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)

AUSSERER, Carl: Der „Liber jurium in valle Lagari“

66 f Carl Äusserer das „Rechtsbuch des Lagertales“. Mag der Titel des Buches auch vielversprechender sein als sein Inhalt, so erklärt sich dies aus seiner fragmentarischen Überlieferung wie aus dem Umstande, daß eine Reihe von Urkunden bereits im „Codex Wangianus“ vereint worden waren und zudem zahlreiche andere im Verlaufe der damaligen kriege­rischen Ereignisse in Verlust geraten waren. Letzteres Moment — drohender Verlust — hat sicher den unmittelbaren Anstoß zur Anlage des „Liber jurium“ gegeben. Dieser hatte seine Schicksale. 1531 begegnet er in jenem Verzeichnisse, das die Urkunden aufzählt, die auf Grund des zwischen K. Ferdinand I. und dem Trientner Bischöfe, Kardinal und obersten Kanzler K. Ferdinand I. Bernhard von Cles getroffenen Vergleiches aus dem Innsbrucker Regierungs­archive dem Trientner fürstbischöflichen Archive auszufolgen waren; darunter: „Item ain pergamener Sixtern, darinn sein registriert des Stiffts Trient Instrument seiner Gerechtigkeit im Lagertal als zu Pisein, Stain, Nussdorf etc. anno 1224 et ultra 1230“ 1). Der „Liber jurium“ gehörte demnach zum alten, ältesten, Bestände des fürst­bischöflichen Trientner Archivs. Nach der Säkularisation des Bis­tums 1803 gelangte der „Liber jurium“ mit anderen Trientner Beständen als staatliches Eigen in das österreichische Staatsarchiv, dem damaligen Haus-, Hof- und Staatsarchive in Wien. Nach dem ersten Weltkriege (1914—1918) mußten diese an Italien ausgeliefert werden und wurden dem damaligen kgl. Staatsarchiv in Trient ein­verleibt, wo der Codex unter der alten Wiener Staatsarchivsignatur cod. 1048 aufgestellt worden ist. Er war nicht unbekannt geblieben. Bonelli, der hervorragende Trientner Historiker des 18. Jahrhunderts, führt im zweiten Bande seiner 1760—1765 in Trient erschienenen „Monumenta Ecclesiae Tridentinae“2) in dem Abschnitte CII, betitelt „Varie antiche Memorie della Valle Lagarina, continente in una Carta dell’Archivio del Castello di Trento intitolata: Jura Episco­patus Ecclesie Tridentine, que sunt in Valle Lagarina Tridentine Diocesis“, ein „Quaternum“ als Quelle an, das zweifellos mit unserem „Liber“ identisch ist. Bonelli kennzeichnet demnach den „Liber“ als „Quatern“ und nicht als Sixtern — also in jener Form, wie er uns überliefert ist — eine umso interessantere Feststellung, als dieser in einem auf der ersten Seite der originalen Überlieferung stehenden 1) Codex Clesianus, Bd. XII., Trient, Staatsarchiv, Bd. XII. 2) Der I., II. und III. Bd. sind betitelt: Notizie istoriche-critiche della chiesa di Trento (etc.), Trento 1760—1762; der III. Bd., 2. T.: Monumenta Ecclesiae Tridentinae (etc.), Tridenti 1765.

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