Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 4. (1951)
GOLDINGER, Walter: Archivwissenschaftliche Literatur der Jahre 1948–1951
Rezensionen 325 suchungen gründliches Wissen, oft bis ins Detail genau, zu bieten imstand sind, konnte man allerdings mit Recht eine gültige Zusammenschau jener Tage erwarten, weil er einer der wenigen war, die die Materie beherrschen und selbst jedes Kapitel ihrer Heimat durchforscht haben. Sein letztes größeres Werk „Salzburgs Fürsten in der Barockzeit“ (1949) ist auch tatsächlich eine vielleicht etwas trockene, aber dafür erschöpfende Synthese des bisher Erarbeiteten geworden, obwohl man stellenweise spürt, daß das Buch aus im Lauf von dreißig Jahren gehaltenen Vorträgen „zusammengestellt“ wurde (vgl. M. in „Österreichische Geschichtswissenschaft der Gegenwart in Selbstdarstellungen“, 1, 1950, S. 69). Franz M. setzt mit der Geschichte Wolf Dietrichs von Raitenau (1587 bis 1612) ein und bringt dann die Lebensbilder von Marx Sittich Grafen Hohenems, Paris Grafen Lodron, Guidobald Grafen Thun, Max Gandolf Grafen Kuenburg, Johann Ernst Grafen Thun, Franz Anton Grafen Harrach, Leopold Anton Freiherrn von Firmian, Jakob Ernst Grafen Liechtenstein, Andreas Jakob Grafen Dietrichstein bis Siegmund Christof Grafen Schrattenbach (1753 bis 1771), um mit einem kurzen Ausblick sowie einer Charakteristik des Domkapitels zu schließen. Es handelt sich also hier um das Schicksal eines Landes, das im Schatten eines mächtigeren sich verhältnismäßig lange gegen dessen Gelüste sicherte und das nicht bloß ein Eigenleben führte, sondern immer zugleich auch als Teil des großen .Völkerkonzertes galt. Seine Fürsten waren vielfach tragische Gestalten, wenn Vergeblichkeit des Wollens ein tragisches Moment ist: so Wolf Dietrich und in vielleicht noch stärkerem Maß Markus Sittikus, aber auch Firmian und seine Salzburger Gegenreformation im 18. Jahrhundert, nachdem unter Erzbischof Johann Jakon Kuen-Belasi (1560 bis 1586) den Protestanten der Aufenthalt gestattet worden war. Dies und auch zugleich das Absinken Salzburgs von einer glänzenden geistlichen Fürstenresidenz wird mit überzeugenden Mitteln schrittweise entwickelt und die wachsende wirtschaftliche Verelendung des Landes in jenen Tagen aus der Baulust und Prachtliebe seiner Herrscher erklärt, die in Verkennung ihres kirchlichen Ursprungs zumeist Schwert und Zepter vor den Krummstab zu stellen pflegten. Als aber die Säkularisation schon vor 1803 unausweichlich schien, da zeigte es sich, daß die Bindung zwischen Fürsten und Untertanen längst gelockert war. Nicht weil man damals in einem Bistum besonders gottgefällig leben mußte, sondern weil man den Ruin des Fürstentums vielfach ortsfremden Vorstehern zur Last legen durfte. „Ein Wahlreich schlägt nie tiefe Wurzeln: es fehlt die Anteilnahme des Volkes an den menschlichen Geschicken des Regenten, es fehlte vielleicht auch die Frau und das ,Gottesgnadentum‘. Man glaubte mehr einem schon seit Jahrhunderten regierenden Hause als einem Gewählten und erst Erhobenen“ (S. 12). Auch das Domkapitel selbst war im Grund nicht bodenständig, und die Wahlen trafen als Werke des Zufalls oder der Selbstsucht selten den Tüchtigsten. Als Regenten und Regierte voneinander getrennt wurden, empfand nur eine Minderheit die im Innern zurückbleibenden flüchtigen Spuren, und auch diese vergingen mit den Zeitgenossen. Überdauert hat einzig die äußere Form des alten Fürstensitzes und gibt damit dem verschwenderischen Verewigkeitsdrang der Erzbischöfe recht;