Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 2. (1949)

LHOTSKY, Alphons: Handschriftenausstellung der Österreichischen Nationalbibliothek anläßlich des Ersten Österreichischen Archivtages. Handschriftliche Denkmäler der Geschichte Österreichs

16 Alphons Lhotsky Kr. 14 Leobiensis geht, die bekannteste ist und im Spätmittelalter am meisten verwertet wurde. Die Handschrift n. 3445 zeigt diese Redaktion, die man bisher auf den Dominikanerkonvent in Leoben (Steiermark) zurückführen zu müssen glaubte; ein vor kurzem aufgefundenes Fragment der Chronik, dessen Bearbeitung Dr. Friedrich Weber besorgt, läßt nun eher die Herkunft des „Anonymus“ aus Krems mutmaßen. Ausgabe von Fedor Schneider in den Monumenta Germaniae historica, Scriptores rerum Germanicarum (Hannover 1909), wo praef. p. XV. über die Handschrift berichtet wird, die übrigens unvollständig ist, nämlich erst bei Herzog Friedrich II. (f 1246) beginnt, aber einen recht guten Text bietet. Nicht zu übersehen ist eine in Schneiders Edition nicht berücksichtigte Fassung, die Hieronymus Pez in seinem Scriptores rerum Austriacarum (Leipzig 1721), col. 751 sqq. nach einer heute verschollenen Handschrift wieder­gab. Vgl. im übrigen Joseph von Zahn, Über den Anonymus Leobiensis (Beiträge zur Kunde steiermärkischer Geschichtsquellen 1, 1864, S. 47 ff.), und Ernst Klebel, Zu den Fassungen und Bearbeitungen von Johanns von Viktring Liber certarum historiarum (Mitteilungen des Österreichischen Instituts für Geschichtsforschung, Erg.-Bd. 11, 1929, S. 354 ff.). Ein merkwürdiger Zeitgenosse Johanns von Viktring war der Kr. 15 sogenannte Bernardus Noricus. Am Beginn des 14. Jahrhunderts wurden im Stifte Kremsmünster, das bekanntlich vom Bayernherzog Tassilo (777) gegründet wurde, Kataloge bayerischer und öster­reichischer Herzoge sowie der Äbte angelegt und auch historische Aufzeichnungen gemacht, die durch ihre zum Teil recht auffälligen, ja fast phantastischen Behauptungen schon längst die Aufmerksamkeit der Forschung erregten. Infolge eines Versehens des bayerischen Historiographen Aventinus im 16. Jahrhundert hat sich der Name eines gewissen Bernardus Noricus als Bezeichnung des Verfassers eingebürgert, den man — da sich nirgends ein Mann dieses Namens nachweisen ließ — mit verschiedenen Persönlichkeiten zu identifizieren suchte (Sigmar, Bernhard von Melk). Erst vor kurzem ist es dem Stiftsarchivar von Kremsmünster, P. Dr. Willibrord Neumüller, gelungen, der rätselhaften Persönlichkeit — was methodisch recht bemerkenswert ist •—- durch ausgedehnte paläographische Unter­suchungen habhaft zu werden: es war ein in den Jahren 1290 bis 1326 mehrfach als Schreiber, Rubrikator und Korrektor nachweisbarer Mönch namens Berchtoldus. In der vorliegenden Handschrift n. 610 (f. 91—92) erscheint seine Schrift in den ersten siebeneinhalb Zeilen

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