Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs 1. (1948)
MAASS, Ferdinand: Vorbereitung und Anfänge des Josefinismus im amtlichen Schriftwechsel des Staatskanzlers Fürsten von Kaunitz-Rittberg mit seinem bevollmächtigten Minister beim Governo generale der österreichischen Lombardei, Karl Grafen von Firmian, 1763 bis 1770
296 Ferdinand Maaß Epoche Maria Theresia in ihrer glücklichen Unlogik1), in ihrem starken Rechtsempfinden und ihrem frommen, aber unreflexen Bischöfe statt der ersteren erhalten, welche in allgemeinen Ausdrücken eigentlich das gewöhnliche Juramentum fidelitatis ist und weniger bestimmte Verbindlichkeiten enthält, auch willkürliche Ausdeutung, ob dieses oder jenes zum Besten des Staates nach Verschiedenheit der Meinung gereiche, bei manchen zulassen dürfte ...Archiv des Schottenstiftes, Cod. 697 (52 a 6), A 34. —- Daher ist das Urteil, das Pastor, Geschichte der Päpste XVI/3, S. 330, über das Ergebnis der Wiener Verhandlungen gefällt hat, zu negativ. b) Als Papst Pius VI. dem vom Kaiser im Jahre 1785 zum Erzbischof von Laibach ernannten Grafen von Herberstein wegen Häresieverdacht die Bestätigung verweigerte, forderte auf Drängen des Fürsten Kaunitz Joseph II. von Heinke ein Gutachten ein über das, was mm zu geschehen hätte. Dieser in Kirchensachen vor allem zuständige Hofrat, der in ganz besonderer Weise das Vertrauen des Kaisers besaß, gab daraufhin sein Votum in längerer Begründung dahin ab, daß es jetzt an der Zeit sei, das den Monarchen und seine Untertanen so schwer drückende römische Joch abzuschütteln und nach altem kaiserlichem Rechte die Erzbischöfe selbst aus eigener Machtvollkommenheit einzusetzen. „. . .Wollen mm Erz- und Bischöfe den Schutz des Staates und von diesem auch ihre zeitliche Wohlfahrt genießen, so ist es ihre äußerste Pflicht all jene landesfürstlichen Befehle zu vollziehen, die dem Volke und ihnen selbst als ächte Mittel zur Abwerfung eines drückenden Joches helfen. Hier sind aber die ächten Mittel, daß Erzbischöfe ihre Suffragane selbst bestätigen und ein weihen, daß (die) Suffraganen dem von dem Landesfürsten allein eingesetzten Erzbischof Folge und kanonischen Gehorsam leisten, zwei Sätze, die den vollen Begriff der gegenwärtigen Ausführung enthalten ... ... In den k. k. Staaten würde die Anwendung dieser ... Grundsätze zwar anfangs und ehe man Bischöfe zur Unterstützung bewegen wird, beschwerlich fallen, doch ist die Ausführung immer möglich; nur müßte man denken, daß, wenn schon einmal in Ansehen eines Gegenstandes, den man sich zum Abbruch der landesfürstlichen und bischöflichen Rechte reserviert hat, mit dem römischen Hofe abgebrochen wird; ein gleiches auch mit allen übrigen Disziplinargeschäften, welche zur Erhaltung eigener Erz- und Bischöfe ohne römischen Einfluß nöthig sind, um so mehr geschehen müsse, als man sonst in den für Rom noch bleibenden Rerservaten desto größere Umtriebe zu befahren hätte ...“ Archiv des Schottenstiftes, Cod. 697 (52 a 6), B/d, f. 20, 24. 1) Kaunitz hält sie einmal der Kaiserin ziemlich unverblümt vor, als sie ihm ein Handschreiben an den Papst zurückschickte, in dem er die von diesem gerügte Festsetzung des Professalters für Ordensleute mit dem Hoheitsrechte des Staates begründet hatte: ,, ... Niemand wird wohl in Zweifel ziehen wollen, daß unzählige Gegenstände existiren, in welchen die souveraine Gewalt ganz unabhängig und mit niemand in der Welt geteilet wird, noch werden kann. Wenn ich also eine so allgemeine und unwiedersprechliche Wahrheit an einem ganz conve- nablen Ort und auf die höflichste Art in dem Schreiben einfließen lassen, so glaubte ich dadurch nichts gesagt zu haben, welches einem Manifest gleichte, oder sich nicht in ein familieres Schreiben schickte.