Fekete Ludwig: Türkische schriften aus dem Archive des Palatins Nikolaus Esterházy (Budapest, 1932)
Einleitung
schwätzige Evliä" öelebi, wenn er auf Streifzügen Gefangene gemacht oder solche von seinen hochgestellten Freunden als Sklaven zum Geschenke erhalten hat. Die Aushebung von Geiseln war also eigentlich nur eine Folge des Sklavensystems und unterscheidet sich vom Sammeln der Sklaven zu Kriegszeiten bloss darin, dass sie auf friedliche Verhältnisse gemildert erscheint; sie ist für das ungarische Volk zweifellos der schwerste Schlag und der gewichtigste Grund dafür, dass die türkische Herrschaft in der Ethnographie des von Ungarn abgetrennten Gebietes so tiefeinschneidende Veränderungen hervorgerufen hat. Der Standpunkt der Türken in diesen beiden für die ungarische Bevölkerung wichtigen Fragen war der, dass die Verschleppung von Menschen bloss eine Aushebung von „Bürgen" sei, also weder als ein ungerechtes, noch unmenschliches Vorgehen gedeutet werden könne. Die Einforderung von Steuern sei vollkommen berechtigt, wobei sie sich auf ihre Urkunden beriefen, nach denen ihnen ihre eigene Regierung diese Einkünfte zur Erhaltung des Lebens gegeben habe. Sie beteuerten immer wieder, dass sie auf das ihnen zustehende Recht aus Gründen der Selbsterhaltung nicht verzichten könnten. Um die Schwierigkeiten bei der Steuereinhebung zu beseitigen, versuchten sich die Türken in einzelnen Fällen den rechtlich fundierten Übereinkommen anzupassen. So z. B. Hessen sie, nachdem sie die Vereinbarung getroffen hatten, dass sie ohne vorherige Verständigung der anderen Partei deren Gebiet nicht betreten werden, jedesmal dem betreffenden Hauptmanne melden, wann sie zwecks Steuereintreibung das königliche Gebiet zu betreten beabsichtigten. In solchen Fällen forderten sie von den betreffenden Hauptleuten, dass man sie bei ihrer Arbeit nicht behindere, sondern unterstütze, umsomehr als sie — nach eigener Beteuerung — ähnliche Rechte des Königs respektierten und auch erlaubten, dass sich seine Steuereinheber bis nach Essegg frei bewegen und die Raajas ihre an den König fälligen Steuern entrichten. Die Angelegenheit der beiderseits steuerpflichtigen Dörfer gestaltete sich dadurch noch komplizierter, dass das von den Türken besetzte Gebiet auch der königlichen Partei zu gewissen Diensten verpflichtet war, dass es also auch unter dem Türkischen Imperium Dörfer und Landstriche gab, die an beide Parteien, an die Türken und die Königlichen, Steuern zu entrichten hatten.