Ludwig Fekete: Einführung in die Osmanisch-Türkische Diplomatik der Türkischen Botmässigkeit in Ungarn (Budapest, 1926)

PALÄOGRAPHISCHER TEIL

P A L Ä O GRAPHISCHER TEIL Zu Beginn der türkischen Botmässigkeit Ungarns, die man vom Falle Budas, also von J. 1541 an, zu rechnen pflegt, befand sich der osmanli­türkische Staat im dritten Jahrhunderte seines Bestandes. Der nomadische Reiterstamm hatte im Laufe dieser drei Jahrhunderte die kleinasiatischen türkischen Völker zu einem einheitlichen Reiche zusammengefasst, das oströmische Kaiserreich niedergeworfen und, die kleinen Balkanstaaten überrennend, die widerstrebende Kraft der Un­garn in der Mohäcser Schlacht gebrochen. Die zweieinhalb Jahrhunderte, die von der Nieder­lassung der Osmanlitürken in Süjüd OyC-») bis zur Einnahme von Buda verflossen waren, hatten genügt, dass die amtlichen Institutionen trotz der fortwährenden Kämpfe entstehen und sich im amtlichen Betriebe eine gewisse Einheit, im Schriftwesen feste Formeln entwickeln konnten. Jene Gebräuche, die sich im alten Reiche herausgebildet hatten, kamen auch in den neueroberten Ländern zur Geltung. So wie sich das Reich ausdehnte, haben sich auf dem neuen Gebiete die Grundformen des militärischen, wirtschaftlichen, kirchlichen u. a. Lebens stets nach dem Muster des Reichsinnern entwickelt. Das Verfahren wurde also einheitlich und Ab­weichungen kommen nur bei Neuerungen vor. Allgemein bedurfte es zum Durchbruche sol­cher Neuerungen längerer Zeit, während der die Praxis in der Haupstadt anders sein konnte als in der Provinz, etwa im weitentlegenen Buda. DAS PAPIER. Soweit wir auf Grund unserer Dokumente Die Papier­sorten. feststellen können, bedienten sich die osmanli­türkischen Behörden und Privatleute zum Schreiben immer des Papiers (kjä'gld J^). Im Gebrauch waren zwei Arten von Papier. Das eine ist weiss, dick, knisternd, in seiner Struktur wechseln schmale Streifen und Kreise. Das andere ist gelb­lich, faserig und darum auch weniger haltbar; sein Gewebe ist durchsetzt mit unregelmässigen Adern und Knoten. Das erste treffen wir häufiger, in manchen Ämtern sogar ausschliesslich. Hingegen ist es auffällig, dass die Kanzlei des Sultans einen grossen Teil der Schreiben an fremde Herrscher auf das schwächere gelbe Papier geschrieben hat, wahrscheinlich darum, weil diese Papiersorte grös­seres Format zuliess, was sich ansehnlicher aus­nahm und zum Pomp des Sultanhofes besser passte. Am Ende des Mittelalters, zur Zeit Meji­meds IL, Bäjazlds II. und Selims II. kam von diesem gelblichen Papier eine dickere, zeichen­papierartige Sorte, gegen Ende der Botmässigkeit aber eine dünne, jedoch starke, pergamentartige Sorte in Gebrauch. Die kürzeren Texte der inländischen Verordnungen u. s. w. schrieben auch die grossherrlichen Ämter auf das weisse Papier. Der Formalismus in der herrschenden kirch- Der Gebrauch liehen Auffassung, welche seinen Gipfel anfangs des der Papier­IS. Jhdts erreichte, dehnte seinen Einfluss auch auf die Verwendung der Papierqualitäten aus. Die mo­hammedanische Kirche teilte die Menschen nicht nur in Glaubenssachen, sondern auch in rechtlicher

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