Erzsébet Fábián-Kiss: Die ungarischen Ministerratsprotokolle aus den Jahren 1848–1849 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 29. Budapest, 1998)
Ministerratsprotokolle
Ministerratssitzung: Minister des Äußern Fürst Paul Esterházy informiert das ungarische Ministerium in seinem am 15. Juni datierten und mit Kurier übersandten Brief 1 über folgendes. 1. Daß Seine Majestät schwer erkrankt ist, so daß er auf den Rat seiner Arzte im Bett zu bleiben gezwungen ist und deshalb auch die am 14. laufenden Monats aus Mähren in Innsbruck eingetroffene Gesandtschaft nicht empfangen konnte. 2. Da es leicht geschehen kann, daß zur Genesung Seiner Majestät Wochen, ja sogar Monate nötig werden, hat Seine Majestät auf Vorschlag der österreichischen Minister seinen jüngeren Bruder Erzherzog Franz Karl mit der Eröffnung des österreichischen Reichstages, zugleich aber auch mit der in Seinem Allerhöchsten Namen zu übernehmenden provisorischen Regierung als Alter ego bevollmächtigt. 3. Daß der Minister des Äußern [sie!], als die Beratungen über obigen Gegenstand liefen, erklärt hat: Da es gemäß der bestehenden Gesetze hinsichtlich Ungarns und der verbundenen Länder im Falle der Krankheit Seiner Majestät kein anderes Alter ego geben kann als den Palatin des Landes, den als königlichen Statthalter Seine Majestät durch Gesetz Nr. III des Jahres 1848 sogleich mit der Ausübung der exekutiven Gewalt beauftragt hat, kann sich die betreffende provisorische königliche Vollmacht nur auf die österreichischen Erbländer erstrecken. Zu dieser Bemerkung gab es im Innsbrucker Rat auch keinen Einwand. Er bittet also diesbezüglich um Anweisung vom Ministerrat. 4. Er stellt dem ungarischen Ministerium die Frage, ob zur Eröffnung des ungarischen Reichstages Erzherzog Franz Karl entsandt werden solle, als königlicher Kommissar, oder ob diese Eröffnungszeremonie dem Palatin als Alter ego gebühre? 5. Er meldet, daß aus den verbundenen Ländern am 14. und 15. laufenden Monats zwei Gesandtschaften erschienen; die eine unter Leitung des Erzbischofs von Karlowitz Rajacic, aus dem Gebiet von Syrmien, die um die Bestätigung der hitzigen Wahlen von Karlowitz bittet; 2 die andere aus Kroatien, deren Leiter der Banus Baron Jellacic sein wird, der aber noch nicht in Innsbruck eingetroffen ist. 3 6. Er meldet, daß Erzherzog Johann, falls das ungarische Ministerium und Kroatien Bevollmächtigte nach Innsbruck zur Beilegung der bestehenden Störungen senden sollten, die Vermittlung übernehmen würde. 7. Er meldet, daß Seine Majestät die an das Kriegsministerium gerichtete Verordnung, von welcher auch der österreichischen Regierung eine Benachrichtigung gesandt wurde, unterzeichnet hat. 4 8. Daß Seine Majestät ähnlicherweise auch das vom siebenbürgischen Landtag unterbreitete Gesetz Nr. III unterzeichnet hat 5 und dies dem ungarischen Ministerium zusendet.