Erzsébet Fábián-Kiss: Die ungarischen Ministerratsprotokolle aus den Jahren 1848–1849 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 29. Budapest, 1998)

Ministerratsprotokolle

Es wurde beschlossen: Zu Punkt 1: Mit schmerzlicher Empfindung erfuhr das ungarische Minis­terium von der schweren Krankheit Seiner Majestät, doch vertraut es auf Gottes Vorsehung, daß die erwünschte Gesundheit Seiner Majestät binnen kurzem zurückkehrt und somit Seine Majestät das Versprechen, den Reichstag in eigener Person eröffnen zu wollen, vielleicht erfüllen kann. Das ungarische Ministerium hat folglich den Palatin gebeten, mit den Ministern Graf Stephan Széchenyi und Baron Josef Eötvös nach Innsbruck zu eilen und dort, wenn Seiner Majestät Gesundheit sich bis dahin gebessert habe, im Namen des ungarischen Ministeriums und der ganzen Nation mit der eifrigsten Huldi­gung zu bitten, uns mit Seiner Allerhöchsten Person zu beglücken und den Reichstag, wenn es möglich ist, selbst zu eröffnen. 6 Zu Punkt 2: Da Erzherzog Franz Karl allein für die österreichischen Erb­länder von Seiner Majestät als Alter ego ernannt wurde, kann das ungarische Ministerium dagegen keine Bemerkung machen. Zu Punkt 3: Für den nicht erhofften traurigen Fall, daß der Gesundheits­zustand Seiner Majestät sich nicht bessern sollte und er sowohl an der so sehr wichtigen [Ungarn-] Reise als auch am Aufsichnehmen der großen Sorgen und Lasten der Regierung wegen seiner Krankheit eine Zeitlang gehindert werden sollte, hält das ungarische Ministerium die Ansichten des Ministers des Äuß­ern [sie!] für begründet, daß in Ungarn gemäß unserer Gesetze nur der Palatin des Landes und königliche Statthalter Erzherzog Stephan mit der erforderli­chen obersten Gewalt bekleidet werden darf. Direkt deswegen und für diesen Fall sendet das ungarische Ministerium seinen Vorschlag für das von Seiner Majestät zu erlassende königliche Reskript. In diesem königlichen Reskript beauftragt Seine Majestät provisorisch den Erzherzog Palatin und königlichen Statthalter sowohl mit der Billigung und, wenn Seine Majestät nicht gesund werden sollte, mit der Sanktionierung der im Reichstag zu schaffenden Gesetze als auch mit der Durchführung der im Bereich der Exekutivgewalt notwendig­en Ernennungen und Verfügungen. Dieses Reskript ist direkt an den Reichs­tag zu richten; doch muß ein anderes ähnlichen Inhalts auch an den Palatin gesandt werden. 7 Das ungarische Ministerium hält es weder für nötig noch für zweckmäßig, daß die Minister diese Reskripte vorher unterschreiben, weil es leicht so erscheinen könnte, als wolle gerade das ungarische Ministerium Seine Majestät dazu veranlassen. Es ist besser, sie von Seiner Majestät unterschrei­ben zu lassen, danach kann jeder Minister die Gegenzeichnung vornehmen, und auch die Siegelung kann hier geschehen. Zu Punkt 4: Strenger Form gemäß könnte auch die Eröffnung des Reichs­tages dem Palatin des Landes anvertraut werden, aber gerade mit Berücksicht­igung der kroatischen Verhältnisse und allerlei schädlicher Verdächtigungen wird es nicht unzweckmäßig sein, mit der Eröffnung des Reichstages Erzher­zog Franz Karl zu betrauen. Auch dafür sind zwei königliche Reskripte erfor­derlich, eines an den Reichstag, das andere an Erzherzog Franz Karl selbst; auch diese wird das ungarische Ministerium senden. Die Gegenzeichnungen können auch bei diesen nach der Unterzeichnung durch Seine Majestät erfol-

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