Erzsébet Fábián-Kiss: Die ungarischen Ministerratsprotokolle aus den Jahren 1848–1849 (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 29. Budapest, 1998)

Einleitung

daß er jede wesentlichere Maßnahme des Ausschusses in den Band aufnahm, auch jene, die offensichtlich nicht von der Hand Kossuths stammten [... Der Band] ist zugleich auch eine vollständige Quellenedition der Tätigkeit des Landesverteidigungsausschusses, was die aus dem Ausschuß kommenden Akten betrifft." 3 Mit der Geschichte des Landesverteidigungsausschusses als Regierungsorgan und geschäftsfuhrender Behörde befaßt sich Kapitel III von „Die ungarischen Ministerien von 1848-1849". VERFÜGUNGEN ÜBER DEN MINISTERRAT (BEFUGNIS, ORGANISATION, GESCHÄFTSFÜHRUNG) Gesetzliche Verfügungen über den Ministerrat gibt es außerordentlich we­nige. Schon zeitlich an erster Stelle ist das Gesetz Nr. III des Jahres 1848 zu erwähnen. Einzig § 17 beschäftigt sich mit dem Ministerrat: „In der Ratssitz­ung des Gesamtministeriums führt der Ministerpräsident, wenn Seine Majestät [oder der Palatin und königliche Statthalter] nicht anwesend, den Vorsitz, welcher diesen Rat, so oft er es für nötig findet, einberufen kann. " - Es hätte wohl die Rede sowohl von den vor den Ministerrat gehörenden Arten von Angelegenheiten als auch von seinem Verfügungsrecht und seiner Geschäftsführung sein müssen, das war aber nicht der Fall. Dem Gesetz nach scheint die Ministerratssitzung nicht mehr zu sein als die Gremial-Sitzung eines Dikasteriums, in der man aufgrund der Mehrheitsstimmen entschied. Bei der Aufstellung des zweiten ungarischen Ministeriums, 1849, tauchte das Problem der Befugnis und Geschäftsführung des Ministerrates auf, und zwar als eine bisher noch nicht gelöste, aber unbedingt zu regelnde Frage. Den die Lösung erwägenden Schriftstücken gemäß sollte der Ministerrat all jene „höheren staatlichen Angelegenheiten" behandeln, die der Gouverneur-Präsi­dent (im weiteren allgemein Gouverneur) an ihn verweist, und jede solche Frage, in der ein Meinungsunterschied zwischen den betreffenden Ministerien bzw. dem Gouverneur besteht und deren Verhandlung einer der Minister wünscht. 4 Diese Definition kommt so, wortwörtlich in der Formulierung des Proto­kolls der Sitzung vom 2. Mai unter den vor den Ministerrat gehörenden Ange­legenheiten nicht vor. Der Beschluß vom 2. Mai lautete: „Der Ministerrat wird beschließen: a) jede Maßnahme hinsichtlich solcher Gegenstände, durch die ein zu gleich welchem Zweig der Staatsverwaltung gehörendes neues Prinzips festgelegt werden muß; b) jede Festlegung, durch welche in der allgemeinen Politik des Landes eine Veränderung geschieht oder in der zu befolgenden Politik eine andere Richtung beschlossen wird; c) schließlich jede Frage, die von ihrem Wesen her die Verantwortung der ganzen Regierung beansprucht und in Friedenszeiten in den Bereich der Gesetzgebung gehört." 5 Aus den fragmentarischen Protokollen scheint hervorzugehen, daß vor dem Ministerrat sowohl erstrangig wichtige Staatsangelegenheiten (z. B. die kroatische Frage, die Ausrufung des „Kreuzzuges") als auch „kleinere" Sach-

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