Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)

Einleitung: Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit während des Weltkrieges

die Hände der Interessenten. Es werde nicht organisch dafür gesorgt, beklagt sich Kálmán Tisza im weiteren, daß die Protokolle, zumindest deren wesentliche Teile ständig zur Verfügung stünden. Schon allein die Tatsache, daß man auf sein Gedächtnis angewiesen sei, erschwere die Sache sehr: besonders viel Schwierig­keiten ergäben sich daraus, daß der Nachfolger nichts über die Erklärungen seines Amtsvorgängers im gemeinsamen Ministerrat, nichts über die dort erbrachten, sein Ressort betreffenden Beschlüsse wisse. Kálmán Tisza verlangte vom Minister des Äußern, eine ein für allemal gültige Verfügung zu treffen, »daß Beschlüsse der gemeinsamen Minister-Conferenzen, welche gleichzeitig die diesseitigen Interessen berühren, von Fall zu Fall stets auch der kgl. ungarischen Regierung in Form von Protokollauszügen mitgeteilt werden mögen«. 306 Das von Kálmán Tisza aufgeworfene Problem beschäftigte auch den Herrscher. Auf seine. Anordnung wurde die Praxis bei der Zirkulierung der Protokolle schrift­lich zusammengefaßt. 307 Aus dieser kleinen Zusammenstellung geht hervor, daß einzelne Minister, falls nach ihrer Kenntnisnahme andere Minister am Protokoll Korrekturen vornahmen, eine erneute Einsicht verlangten. Was die Auszüge betrifft, hielt es die Aufzeichnung nicht für ungefährlich, aus den ohnehin in gedrängtem Stil abgefaßten Protokollen Auszüge zu machen. Zweckmäßiger wäre es, nach der Kenntnisnahme die Protokolle nochmals zirkulieren zu lassen, damit die Teilnehmer der Ministerkonferenzen gegenseitig Kenntnis von den Änderungen an den Protokollen erhielten. Staatsrat Braun, der sich auf Anordnung Franz Josephs über den Vorgang bei Ausfertigung der Ministerratsprotokolle informiert hatte, meinte, die Wünsche der Minister seien mit der bisherigen Praxis schwer in Einklang zu bringen und auch zur kleinsten Abänderung sei die Zustimmung des Monarchen notwendig. (An der Praxis wurde, wie wir wissen, nichts geändert.) Das vom Schriftführer meist mit der Hand geschriebene und wiederholt ver­besserte Konzept wurde von ihm unterfertigt. (Der Minister des Äußern hat es gewöhnlich nur mit den Anfangsbuchstaben seines Namens vidimiert.) An den meisten Protokollen hat auch der Minister des Äußern Korrekturen vorgenommen. Das solcherart umgearbeitete Exemplar wurde dann — zumindest nach der im Weltkriege befolgten Praxis — mit der Maschine abgeschrieben, eventuell in mehreren Exemplaren. Dann ließ man entweder diese Kopien unter den Teil­nehmern der Beratungen zirkulieren, die ihre Abänderungen oder Zusätze ein­trugen, welche im Kabinett des Ministers auf das authentische Exemplar über­tragen wurden, oder man ließ das für authentisch vorgesehene Exemplar unter den Ministern zirkulieren, die ihre Änderungen an diesem vornahmen. 308 Im allgemeinen wurden die Abänderungen im Text selbst vorgenommen, seltener wurden sie auf dem Einsicht-Blatt neben der Unterschrift verzeichnet. Die im gemeinsamen Ministerrat vom 7. Januar 1916 gemachten Erklärungen des gemein­samen Finanzministers Koerber wurden vom Schriftführer Hoyos nicht ins Konzept aufgenommen, sondern dafür ein entsprechender Raum freigelassen. Neben dem Konzept erliegt auf einem separaten Blatt mit Maschine geschrieben die Erklärung Koerbers. Der gemeinsame Finanzminister hielt es offenbar für wichtig, daß das, was er in der Konferenz vorgebracht hatte, mit seinen eigenen Worten ins Protokoll aufgenommen wurde.

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