Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)

Einleitung: Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit während des Weltkrieges

Italien werde neutral bleiben, aufgegeben hatte und der Herrscher den gemein­samen Ministerrat einberief, um sich über die Ansichten der führenden Staats­männer der Monarchie in dieser kritischen Lage zu informieren. 190 An diesem Kronrat 191 nahm zum erstenmal Karl, damals noch als Thronfolger teil. Nach seiner Thronbesteigung hat er in jeder bedeutenderen Konferenz den Vorsitz geführt. So auch an der vom 22. Januar 1917, deren Gegenstand die Frage des uneingeschränkten Unterseebootkrieges war. Karl eröffnete die Sitzung mit der Erklärung, Kaiser Wilhelm habe die Entscheidung über den uneingeschränkten Einsatz der Unterseeboote von seiner Stellungnahme abhängig gemacht. »Seine Majestät lege Wert darauf, die gegenständliche Ansicht der Anwesenden zu hören, bevor Er diesbezüglich einen Entschluß fasse.« 192 Die Aufgabe eines unter Vorsitz des Herrschers abgehaltenen Ministerrates haben sowohl Franz Joseph als auch Karl fast wortwörtlich so bezeichnet, wie die kaiserliche Instruktion in den Jahren des Absolutismus, die den Aufgabenkreis und die Regeln der Tätigkeit des kaiserlichen Ministerrates festlegte. 193 Nach dieser Auffassung sind die Minister die höchsten Ratgeber der Krone, die der Herrscher in schwierigen Fragen vor seiner Beschlußfassung anhört. Wie sehr der aus dem Zeitalter des Absolutismus überkommene Machtbereich des Monar­chen in seiner Funktion über den des gemeinsamen Ministerrates hinausgewachsen war, wird am klarsten aus den Ereignissen in Laxenburg am 22. März 1917 er­sichtlich. An diesem Tag fanden zwei gemeinsame Ministerkonferenzen statt. Auf der einen, in Wien abgehaltenen und vermutlich früheren 194 führte der Minister des Äußern, Czernin, den Vorsitz. Die Sitzung begann um 10 Uhr 30 und wurde um 12 Uhr 30 geschlossen. Es wurde die kritische, mit einer Hungersnot drohende Getreidelage der Monarchie behandelt. In der zweiten gemeinsamen Ministerkonferenz, die in Laxenburg zusammen­getreten war, 195 führte der Kaiser und König Karl den Vorsitz. Die zentrale Frage des Ministerrates bildete die Möglichkeit eines Friedensschlusses und dessen Form und Bedingungen. 196 Im wesentlichen handelte es sich darum, wie sich die Monarchie nach Anerkennung der Annexionsansprüche Deutschlands auf östliche, in erster Linie polnische Gebiete, nach Aufgabe der »austro-polnischen« Lösung, 197 auf Kosten Rumäniens und auf dem Balkan entschädigen könnte. Im Laufe der Debatte stellte sich heraus, daß die Gegensätze zwischen dem ungarischen und dem österreichischen Standpunkt schier unüberbrückbar waren. Besonders Tisza formulierte seine Ansichten bzw. die seiner Regierung sehr scharf. Dies ging so weit, daß der Herrscher nach Bekanntgabe des endgültigen Beschlusses der Konferenz ergänzend noch vorschlug, der österreichische und der ungarische Ministerpräsident sollten in separaten Verhandlungen versuchen, sich über die Details zu einigen. Der Konferenzbeschluß gab dem Minister des Äußern über die Art der Weiterführung der erwarteten Friedensverhandlungen allgemeine Weisungen. Im ersten Punkt wurde als Hauptbedingung für die Friedenspolitik vorgeschrieben, das Deutsche Reich sollte nach Möglichkeit die Bürgschaft für die territoriale Unversehrtheit der Monarchie übernehmen. 198 Diesen Punkt der Konferenzbeschlüsse habe ich nicht zitiert, um die Friedensaussichten der Mon­archie — die offenbar auch von ihren eigenen höchsten Führern schon als kläglich

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