Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)

Einleitung: Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit während des Weltkrieges

stehenden Ministeriums. In diesem Vorschlag sagte er unter anderem: als infolge der politischen Wirren des Jahres 1848 die bisherigen Hofstellen zu Ministerien umgestaltet wurden, wurde die Geheime Haus-, Hof- und Staatskanzlei in Ministe­rium des Äußern und des Kaiserlichen Hauses umbenannt. Er beanstandete in dieser Benennung, die die doppelte Funktion des Ministeriums ausdrückte, die Reihenfolge. Seiner Ansicht nach würden in anderen, selbst in konstitutionellen Ländern die Worte »kaiserliches Haus« an erster Stelle gebraucht und »des Äußern« an zweiter. Da diese Benennung des Ministeriums auf einem kaiserlichem Ent­schluß beruhe, könne sie auch nur durch eine kaiserliche Resolution abgeändert werden. Diese vom Minister des Äußern erbetene Entscheidung wurde auch vom Herrscher getroffen. 117 Von da an bis zum Zusammenbruch der Monarchie erfolgte die Ernennung des Hauptes der gemeinsamen Regierung, des Ministers des Äußern stets nach dieser Formel. 118 Die Wurzeln des von Beust so hoch eingeschätzten Außenministeramtes reichen bis in die Rechtsstellung des Staatskanzlers, der höchsten Machtfunktion der Blütezeit des Habsburgerabsolutismus zurück. Aus einem relativ unbedeutenden Anlaß hat kein geringerer als Fürst Schwarzenberg, der die Freiheitsbestrebungen der Jahre 1848 — 1849 im Blut erstickte, auf den grundlegenden Charakter des Rechtsvorgängers des halbkonstitutionellen und konstitutionellen Ministeriums des Äußern, der Staatskanzlei hingewiesen. Im Jahre 1851 wurden vom damaligen österreichischen Finanzminister die Gehälter des Personals sämtlicher Ministerien auf das gleiche Niveau gehoben. So wurden auch die Gehälter der Angestellten der Staatskanzlei mit denen der übrigen Ministerien gleichgestellt. Der Minister­präsident und Minister des Äußern Schwarzenberg protestierte dagegen aus prinzipieller Grundlage. 119 In seiner Zuschrift an Finanzminister Baron Krauß heißt es, der allerhöchste Entschluß vom 13. September 1848 habe sich zwar auf die prinzipielle Grundlage der Gleichschaltung des Personals der verschiedenen Ministerien gestellt. Er selbst aber sei durch das Studium aller entsprechenden Akten zu der Überzeugung gelangt, daß die Verordnung vom 13. September nur über die Umgestaltung der administrativen Hofstellen in Ministerien verfüge; die Staatskanzlei sei jedoch — laut der verschiedenen kaiserlichen Äußerungen — niemals lediglich eine administrative Hofstelle gewesen. 120 Im Gegenteil, wie frü­her nehme sie auch heute gegenüber allen aus Hofstellen hervorgegangenen Ministerien eine Sonderrechtsstellung ein. Dies beweise auch die Tatsache, daß das aus der Staatskanzlei hervorgegangene Ministerium nicht nur das Ministerium des Äußern, sondern auch das des kaiserlichen Hauses sei. 121 Er wünsche daher gegenüber der Anordnung des Finanzministers die auf allerhöchstem kaiserlichem Beschluß beruhenden Rechte und die besondere Benennung der Staatskanzlei mit allen möglichen Mitteln zu wahren. 122 Die Worte Schwarzenbergs weisen klar auf den Ursprung des Außenministeriums, sein Rechtsvorgänger ist die Staatskanzlei. Sie verweisen aber zugleich auch auf die doppelte Funktion des Außenministe­riums. 123 Die durch Fürst Schwarzenberg provozierte Auseinandersetzung hat also den später durch den Ausgleich geschaffenen, in der Benennung Reichskanzler konzentrierten Machtbereich, die Funktion des Hauptes der gemeinsamen Regie­rung in ihre Elemente zerlegt. Um im weiteren stichhaltige Schlüsse ziehen zu

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