Komjáthy Miklós: Protokolle des Gemeinsamen Ministerrates der Österreichisch-Ungarischen Monarchie (1914–1918) (Magyar Országos Levéltár kiadványai, II. Forráskiadványok 10. Budapest, 1966)
Einleitung: Die Entstehung des gemeinsamen Ministerrates und seine Tätigkeit während des Weltkrieges
Formel den wesentlichsten Zug der imperialistischen Politik aufgezeigt. Hier verwies er darauf, daß die nächste Generation bereits von anderen Gesichtspunkten ausgehen werde als er. Der um beinahe eine Generation jüngere Andrássy war schon ein Vertreter dieser Generation. Ich will damit bei weitem nicht behaupten, daß die Frage des Imperialismus der Monarchie das Problem der Generationen ist. Es handelt sich nur darum, daß sich im politischen Denken Deáks die gesellschaftlich-politischen Verhältnisse einer untergehenden Welt widerspiegelten. Jenes Ungarns, das in den Munizipien ruhig Selbstverwaltung spielte und mit dem sich der absolute Herrscher, wenn sein Reich bedroht war, über größere militärische und finanzielle Hilfe einigte. Als Andrássy sah, daß seine Ansicht gegenüber dem großen Ansehen Deáks in der Minderheit blieb, verzichtete er auf eine Debatte. Wobei er mit Sicherheit überzeugt war, daß die Großmachtstellung des Reiches ohnehin nicht von der Phraseologie eines Absatzes des bevorstehenden Ausgleichs abhängt. Die Debatte um den Ausgleich zeigte also gleich zu Beginn die Schwierigkeiten, die unlösbaren inneren Widersprüche der Aufgabe, der sich Deák und die übrigen Politiker gegenüber sahen. Wenn Andrássy auch davon Abstand nahm, daß seine klare Erkenntnis, die Notwendigkeit der Sicherung der Großmachtstellung der Monarchie, in dem in Vorbereitung befindlichen Gesetz eindeutig und adäquat formuliert wurde, so lebte dieses Problem doch die ganze Zeit hindurch im Bewußtsein der verhandelnden Parteien fort. Andrássy beharrte — worauf ich bei der Besprechung der Verhandlungen noch zurückkommen werde — bis zum Schluß bei seiner ursprünglichen politischen Auffassung und hat damit letztlich dahin gewirkt, daß die neue politische und Verwaltungseinrichtung der Monarchie trotz der — zweifellos schwachen — bremsenden Wirkung der Kräfte der ungarischen Unabhängigkeit im Geiste der Reichs- und Großmachtpolitik entstand und die zur Führung dieser Großmachtpolitik notwendigen Elemente enthielt. 13 Im wesentlichen handelte es sich darum, daß Ungarn durch die Niederschlagung der Revolution in den Rahmen der absolutistischen Habsburgermonarchie zurückgeführt worden war und jetzt jene regierungspolitischen Formen ausgearbeitet werden mußten, in deren Rahmen bei Berücksichtigung der in den anderthalb Jahrzehnten seit der Revolution eingetretenen äußeren und inneren Veränderungen es möglich war, zu leben. Schon die Antwortadresse auf die Thronrede war in dieser eigenartigen Phraseologie konzipiert, bestrebt, die grundlegende Tatsache, die Negierung der juristischen Anerkennung des Umstandes, daß Ungarn organischer Bestandteil eines Reiches wurde, und der damit zusammenhängenden schweren Folgen »annehmbar« abzufassen. Die Antwortadresse dankte vor allem dafür, daß die Thronrede die Pragmatische Sanktion als von beiden Seiten anerkannte Rechtsgrundlage zum Ausgangspunkt gewählt hatte. 14 Das um so mehr als dieses Grundgesetz die staatsrechtliche und innenpolitische Selbständigkeit Ungarns sicherte. »Und die gesetzliche und vernunftgemäße Beschränkung dieser Selbständigkeit«, heißt es weiter in der Antwortadresse, »sehen Ew. Majestät allein darin, daß dieselbe Pragmatische Sanktion das unteilbare und unzertrennliche Zusammenbleiben der unter der Regierung