Mitteilungen des K. K. Archivrates 2. (Wien, 1916)
Dr. Andreas Mudrich: Das Salzburger Archivwesen
18 Dr. Andreas Mudrich. sehen, semiotischen und formularen Beschaffenheit folgen und in Druck gelegt werden sollte. Seine Ergänzung sollte es durch einen Nominal-, Lokal- und Realindex und ein systematisches Repertorium für staatsrechtliche Interessen nebst einem Notatenbuch erhalten. Nach diesem Plane trug Emmert bis Ende August 1805 — soweit reichen seine Berichte — gegen 3700 Originalurkunden und beglaubigte Kopien in das chronologische Verzeichnis ein, ordnete nebenbei das Eichstätter Archiv und verfertigte ein Repertorium zu Kleimayrns Juvavia. Bei dem Auspacken der Urkunden stieß er nun auf die oben erwähnte, von Klei- mayrn einer eingehenden Untersuchung vorbehaltenen Kiste. Von den 560 in ihr enthaltenen Urkunden waren 36 ganz verdorben, 97 nur teilweise lesbar. Unter ihnen fand Emmert auch einen Kodex aus dem Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts mit 230 Urkunden, von denen viele in den Kopialbüchern nicht enthalten waren und die er nun mit Nummern und Daten versah. Derselbe wird jetzt als sechstes Kammerbuch oder als »Wahrsager« bezeichnet. Während Emmert mit der Verzeichnung der Urkunden beschäftigt war, ordnete Knecht] auf Grund eines einfacheren, der neuen Staatsform angemessenen Planes die Akten der kurfürstlichen Zeit, denen er als Priora auch solche aus den letzten Jahrzehnten des 18. Jahrhunderts, besonders von 1799 an, beilegte.1) Die von ihm verfaßten Repertorien sind verloren gegangen. Die weitausgreifenden Ordnungsarbeiten im Geheimen Archiv und in der Registratur wurden jedoch durch den neuerlichen Regierungswechsel unterbrochen; Salzburg mit Berchtesgaden wurde im Preßburger Frieden Österreich zugesprochen, verlor hiemit seine Selbständigkeit und sank zu einer kleinen Provinz herab. Diese staatliche Veränderung brachte es mit sich, daß nebst vielen Kunstschätzen auch die kostbarsten Bücher, das Geheime und das domkapitlische Archiv an die Zentralstellen in Wien abgeliefert werden mußten. Schon am 29. April 1806 gab der dirigierende Staatsminister Graf Stadion den Auftrag, daß Emmert das Salzburger und Berchtesgadner Archiv verpacke und zur Absendung nach Wien bereit halte. Außerdem sollten die Druckwerke historischen und statistischen Inhalts über Salzburg und Berchtesgaden und die Akten, welche zum Gebrauch der Hofstellen unentbehrlich sind oder ihrer Natur nach in das Geheime Hof- und Hausarchiv gehören, übersendet werden. Als Richtschnur 9 Da er jedes Stück mit der Signatur versah, war es möglich, in jüngster Zeit (1910) aus der Masse der ungeordneten, 1828 nach Salzburg zürückgesendeten und unter der Bezeichnung »Wiener Akten« im Salzburger Landesregierungsarchiv verwahrten Akten die ehemalige »Geh. Hofkanzlei« herauszuschälen.