Mitteilungen des K. K. Archivrates 1. (Wien, 1914)
Dr. Bertold Bretholz: Zur Geschichte des mährischen Archivwesens
Zur Geschichte des mährischen Archivwesens. 27 wurden allerdings zumeist getäuscht. Und was Graf Kuenburg, der damalige Besitzer von Burg Tobitschau, auf eine Anfrage über sein Archiv damals (19. November 1841) an den Statthalter Grafen Lazansky schrieb, daß nämlich »ein im Schlosse Tobitschau befindlich sein sollendes Zimburgisches Archiv . .. gar nicht existiert, weil die Urkunden aus jener Zeit bei den verschiedenen Besitzveränderungen durch Kriege und mannigfaltiger Ursachen wegen zum Theil ganz verlohren gegangen sein mögen oder selbst verwüstet wurden« — traf für fast alle anderen Schloßarchive gleichfalls zu. In Nikolsburg, dem Stammsitz der mährischen Liechtensteine, wurde Boczek überrascht durch die reichhaltige bedeutsame Bibliothek, allein das Archiv erschien ihm gleich auf die erste Prüfung hin erst für das XVII. und die folgenden Jahrhunderte wichtig. In Pirnitz durfte er nach der geschichtlichen Vergangenheit der Burg landesfürstliches Material aus dem XIV. Jahrhundert, sowie das Archiv der Brtnitzky von Waldstein und derKunstadteerwarten. In Wirklichkeit war aber nicht ein Blatt aus der älteren Periode vorhanden, dagegen stieß man auf ein imposantes Archiv des Hauses Collal to, das im Jahre 1623 diese Herrschaft übernommen hatte, und auf die umfangreiche Korrespondenz Kombalds von Colialto aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Sie hatte zwar für die historiographischen Arbeiten, die Boczek oblagen, keine unmittelbare Bedeutung, allein da man eines festen Programmes überhaupt entbehrte und sogenannte »Entdeckungen« stets das Hauptaugenmerk auf sich zogen, stürzte man sich 1844 mit Feuereifer auf die Kopierung dieser Korrespondenz, die Josef Chytil, der damals Landschaftskanzellist und Adlatus Boczeks war, übertragen wurde1). Viel sachgemäßer ging später Ghytil vor, als er auf das unge^ ordnete und unkatalogisierte Kaunitzscbe Archiv in Jaromieritz stieß. Er hat auf fast 1800 Zetteln den ganzen Bestand inventarisiert, zugleich das Archiv an Ort und Stelle neu aufgestellt und für das Landesarchiv ein Duplikat des Inventars oder Kataloges angefertigt. Noch im Jahre 1912 fand ich das Archiv so ziemlich in derselben Ordnung vor, wie sie Ghytil in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffen hatte. Denn nach Ohytils Tod wurde weder dort noch in anderen mährischen Adelsarchiven von heimischen Forschern gearbeitet; am l) Abgeschrieben wurde enorm viel, jedoch ziemlich planlos. Das bescheidene Endergebnis dieser Arbeiten bildete aber bloß die kleine Publikation »Das Sehloß- archiv der Fürsten Colialto zu Pirnitz« in P. v. Chlumeckys »Die Regesten der Archive im Markgrafentum Mähren und Anton Boczeks Berichte über die Forschungen in diesem Lande«, 1. Band, 1856. — Eine zweite Publikation aus dem Pir- nitzer Archiv, gleichfalls auf Landeskosten erschienen, ist das von V. Brandl 1867 herausgegebene Urkundenbuch der Familie Teuffenbach, das aber zu Mähren fast gar keine Beziehungen aufweist.