Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 7. (Dritte Folge, 1911)

Hauptmann Bartsch: Zur Psychologie des Vaters Ferdinands von Schill

Zur Psychologie des Vaters Ferdinands von Schill. 43 alte Sc kill rühmte sich oft, einem magyarischen Geschlechte zu entstammen und wirklich weisen die realistischeren von den Bildnissen seines Sohnes Ferdinand, wie das von Haken gebrachte, mehr aber noch das in den Werken von Barsch und Binder-Kriegelstein reproduzierte Bild Erinnerungen an mongolischen Typus auf: breite, starke Backenknochen und straffes, schlichtes Haar. Am stärksten kommt dieser Schill sehe Typus in einer nach seinem, lange Zeit zu Leyden in Weingeist aufbewahrtem Haupte gefertigten Bleistiftzeichnung zum Ausdruck, die sich unter den Reliquien der Erzherzog Karl-Ausstellung zu Wien im Jahre 1909 befand. Mit solcher Abstammung wäre aber nur ein Teil des Temperaments des alten Schill erklärt. Diese unbändige Natur kannte keinen Souverän als sich selber, regierte und verwaltete sich aber schlecht. Johann Georg von Schill kannte keine fremden Interessen, keine Selbstaufgabe noch Unterordnung; Ehrfurcht nahm er nur so lange als Maske vor, als er etwas für sich zu erlangen hoffte. Es scheint, daß er habsüchtig war, aber sein Leicht­sinn ließ ihn {las Errungene nicht Zusammenhalten. Größer als seine Habsucht und seine Kurzsichtigkeit war noch seine Streitsucht, weshalb dieser Mensch, der durch sein sanguinisches Temperament manchen Gönner flüchtig an sich zu fesseln wußte, es sich mit fast allen Freunden verdarb. Sein wilder, unbändiger Herzschlag erbte auf den Sohn und mit ihm jenes Temperament, das ein Feuer war, welches mehr Rauch er­zeugte als Licht. Wenn man hiezunimmt, daß Ferdinand von Schill von Kind auf seinen Vater mit leidenschaft­lichem Hasse und mit Verachtung von Vorgesetzten, sowie mit Geringschätzung von jeder Subordination hatte sprechen hören müssen, wenn er immer wieder den Grundsatz ver­nahm, der Krieg auf eigene Faust sei der schönste und nur der Freischarenführer ein ganzer, freier Mann, so löst sich sonnenklar die geheime Vorgeschichte ab, die seine „unglaubliche Tat” gehabt haben mußte. Gegenüber solch erblicher Belastung und solchen Erziehungsprinzipien er­wiesen sich die Hemmungen, welche in der preußischen Tra­dition viel zu spät an Ferdinand von Schill herantraten, als zu schwach.

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