Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 7. (Dritte Folge, 1911)

Hauptmann Bartsch: Zur Psychologie des Vaters Ferdinands von Schill

Es ist merkwürdig, wie viel Helligkeit plötzlich auf einen psychologisch schwer zu erklärenden menschlichen Charakter fällt, wenn man, das Gesetz der Vererbung im Auge behaltend, die Vorfahren jenes Menschen kritisch auf ihre seelischen Eigentümlichkeiten durchsichtet. Die Fälle sind selten, in Menen für die ungewöhnliche Tat eines Mannes nicht in dessen näherer Vorfahrenschaft irgend etwas psychologisch Ähnliches nachzuweisen wäre. Ein reiches und mühelos abzu­erntendes Feld ergeben in dieser Hinsicht die großen Adels­familien, deren Vorfahrenschaft mit all ihren Eigentümlich­keiten wie ein offenes und dazu reich illustriertes Buch vor dem liegt, den es reizt, zu ergründen, wie ein Charakter entsteht. Wenn das Leben eines Mannes von dunkler Abkunft ungewöhnliche Erscheinungen aufweist, so genügt oft nur die Kenntnis von den allgemeinen Gemüts- und geistigen Anlagen seiner Eltern, um jenen besser zu verstehen und gerechter zu beurteilen, als nach der bloßen Überlieferung seines nach­ahmungswerten oder mißlungenen Lebensganges erklärlich zu werden vermag. Der Verfasser dieses Aufsatzes, der sich mit dem Leben Ferdinands von Schill1) beschäftigte, fühlte nach Abschluß 'jener Arbeit einen ungelösten Best, einen zurückgebliebenen Mangel in der Psychologie jener „unglaublichen Tat” wie der König von Preußen Schills Unterfangen nannte, eines der schönsten Regimenter einer Armee, die in einer Zeit voll Not und Druck jeden Mann zu ihrer inneren Wiedergeburt sehr nötig hatte, einfach zu entführen und, mit solcher ge­raubten Waffe in der Hand, auf eigene Faust einen Krieg zu beginnen, den der König nicht zu führen gesonnen war. *) *) T)ie Schillsdien Offiziere. Wien 1908.

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