Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Erzherzog Johanns "Feldzugserzählung" 1809 (1909)

I. Kapitel (Vorgeschichte des Krieges)

20 um sie zur Ruhe zu bringen, sehnte sich dieses Volk zu seinem alten Herrn. Bayern hatte nichts vernachlässigt, was dieses Volk zur Verzweiflung bringen konnte, die Um­wälzung ihrer Verfassung, die gewaltsame Abstellung alles jenen, was jenen durch Jahrhunderte lieb und teuer geworden, geschah : ein unkluger Schritt folgte dem andern, man wollte Tirol die neuen Ideen dieser selbst vor kurzem erst ent­standenen Reformatoren aufdringen und fing an, einem Bergvolke alles jene zu nehmen, was ihm teurer als das Leben ist, die von den Vätern ererbte Freiheit, Vorrechte und Gebräuche, man griff ihnen das Ehrwürdigste, die Art der Ausübung ihres Glaubens an. Bayern weckte in Tirol den schlummernden Gemeinsinn, gab diesem Volke Eintracht und Kraft; beständig lauteten die Briefe kläglich, stets zeigte sich in denselben der Hang, das Joch abzuschütteln; man hatte Einverständnisse erhalten und die ganze Sorgfalt zielte dahin, jeden Ausbruch zu hindern, um die Kraft dieses Volkes auf den wahren Zeitpunkt zu bewahren; wenige sahen in Österreich dieses Land aus dem wahren Gesichts­punkte1). Als sich der Zeitpunkt des Krieges näherte, wurde den Männern, mit denen man in Verhältnissen stand, ein Wink gegeben und anfangs Januar erschienen Deputierte bei dem Erzherzog Johann in Wien; es waren Bekannte von alten Zeiten. Der Sandwirt Andreas Hofer aus Passeier, Nessing von Bozen, Kreiter Peter von Bruneck, sie kamen, um mündlich zu hören, was geschehen würde, mit Versicherung, Tirol werde alles tun. Ihnen wurde ihre alte Verfassung versprochen, Hilfe an Geld und Mannschaft und die Befreiung vom bayrischen Joche ; mit ihnen wurde ab­geredet, welche Anstalten für die dermaligen Verhältnisse die zweckmäßigsten seien; ihnen geraten, den Augenblick abzuwarten, wo man ihnen das Gewehr geben würde. Zu­frieden verließen sie Wien und kehrten nach Hause. Anfangs 1) Was hatte man nicht seit 1801 dafür geschrieben und gesprochen und welchen Verdrießlichkeiten sich ausgesetzt, wenn man sich dieses Volkes annahm; man hielt nichts auf die Tiroler und erwartete sich nichts von ihnen, wenige allein, die unter ihnen gelebt, kannten den Geist derselben und glaubten, es fehle nur an Gelegenheit, um ihre Kraft zu zeigen.

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