Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 6. (Dritte Folge, 1909)

Major Czeike: Die Cernierung und Erstürmung Wiens im Oktober 1848

392 C z e i k o. Um nochmals eine gütliche Verständigung behufs Öffnung des Burgtores zu versuchen, ließ FML. H ar tlieb bald darauf das Feuer von sämtlichen diesseits der Wien befindlichen Batterien einstellen. Nachdem jedoch das feindliche Feuer beim Kärntnertor nicht auf hörte, so gab FML. 0 sor ich, welcher mit der angeordneten Einstellung desselben über­haupt nicht einverstanden war, seinem Artilleriekommandanten Hauptmann Vandenesse1) den ausdrücklichen Befehl, das die militärischen Berichte, die Brandlegung den Aufständischen zur Last, sie sind jedoch nicht auf unumstößliche Beweise gestützt und haben ein positives Resultat nicht zu Tage gefördert. (K. A., F. A. 1848, Cer- nierung Wiens, XIII, 40, ad 40, 40 a, b.) Der Augenzeuge Hauptmann Kálik stützt seine Behauptung, daß die Brandlegung von Seite der Insurgenten erfolgt sein muß, haupt­sächlich auf den Umstand, daß schon nach den ersten Schüssen eine so breite und mächtige Flamme zum Dache der Bibliothek, und zwar auf Seite des Josefsplatzes herausschlug, daß zu deren Entwicklung, wenn der Brand nicht schon vor Beginn des Bombardements gelegt worden wäre, nicht einmal die nötige Zeit vorhanden war. (K. A., F. A. 1848, Cernierung Wiens, XIII, 33.) Im Gegensatz hiezu erzählt der Diplomat Alex. Graf von Hübner, welcher sich während des Bombardements im Gefolge des Feldmarschalls beim roten Hof befand: „Die neben mir stehenden Offi- „ziere behaupten, die Proletarier hätten diese Gebäude in Brand gesteckt; „aber Fürst Windisch-Graetz sagte mir, die Batterie am Getreide- „markt habe, durch ihr schlecht gezieltes Feuer, dies Unglück zu seinem „größten Leidwesen veranlaßt”. (Hübner, Ein Jahr meines Lebens 1848 bis 1849, 269.) Ein anderer Augenzeuge, der Frankfurter Deputierte Hartmann, will sogar das Geschoß gesehen haben, welches den Brand verursachte: „Bei dieser Gelegenheit will ich bemerken, daß wir im Museum die „Kugel einschlagen sahen, welche dort einen Brand entzündete. Ich „halte diese Bemerkung für notwendig, da man unter anderen Ver­leumdungen, auch die vorbrachte, daß die Revolutionäre Museum und „Bibliothek haben in Brand stecken wollen”. (Moriz Hartmanns ge­sammelte Werke von Dr. Wittner, Prag 1906, I, 297, 298.) Heifert (I, Anmerkung 275) faßt seine ausführlichen Erwägungen hierüber darin zusammen, daß aller Wahrscheinlichkeit nach der Brand der kaiserlichen Hofgebäude von Seite der Aufständischen absichtlich vorbereitet, aber durch die Geschosse der Militärs unabsichtlich hervor­gerufen worden sei. Diese Widersprüche zu lösen wird wohl kaum jemals gelingen. *) Hauptmann Heinrich Edler von Vandenesse erhielt die Aller­höchste Belobung. (K. A., Belohnungsanträge 1848, 2.)

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