Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte der K. und K. Wehrmacht 4. (1905)

Die Artillerie - Geschicht der Organisation und Entwicklung der k. und k. Feld-Artillerie 1618-1903 - Einleitung

Einleitung. Die Entstehung und weitere Entwicklung der Artillerie erschliesst sich so klar, wie bei keiner anderen Waffe. Als jüngste unter den drei Haupt- waffen steht sie mit ihrem Werden am Ausgange des Mittelalters. Der Verwertung der furchtbaren Kraft des Pulvers zum Angriffe auf feste Burgen und ummauerte Städte folgte naturgemäss die Anwendung des gleichen Kampfmittels zur Abwehr und es ist begreiflich, dass die Städte jener Zeit, als Brennpunkte geistigen Fortschrittes, besonders aber auch auf­blühenden Wohlstandes, sich der Entwicklung und Fortbildung dieser Waffe zur Vertheidigung ihrer Macht mit ganzer Kraft annahmen. Im fast ausschliesslichen Besitze derselben wurden sie gefürchtete und unbestrittene Herren ihrer Gebiete und schufen so die Vorbedingungen für die fortschreitende culturelle Entwicklung. Die Ausgestaltung der Artillerie-Waffe in den Städten nahm einen raschen Gang. Die Kraft, welche sie denselben verlieh, eiferte zu ihrer steten Verbesserung und regeren Verwendung als Kampfmittel an. Von weiter Ferne zogen sachverständige Meister unter günstigen Bedingungen in städtischen Sold und bald erkannten auch die Fürsten die gewaltige Macht, welche diesen daraus erwuchs. Freilich blieb trotzdem die Hauptkraft an Artillerie noch lange in den Händen der Städte. Die einzelnen Fürsten wie auch der Kaiser forderten nun von diesen, neben anderen Leistungen zum Heerbanne, immer eine gewisse Zahl von Geschützen sammt Munition, welche im Verein mit der eigenen Artillerie die Kampfkraft des Heeres erhöhen sollten. Auf diese Weise waren im Felde meist zwei Gattungen von Artillerie vereinigt, die dementsprechend als fürstliche oder „Haus-Artillerie”, als städtische oder „Land-Artillerie” bezeichnet wurden. Erst der allmähliche Widerstand, den die Städte der Beistellung von Artillerie entgegensetzten, sowie die Schwierigkeiten, welche sich, bei Mobil­machung derselben nach den verschiedenen Kriegs-Schauplätzen, ergaben, liessen die Fürsten, zumal die Herrscher Oesterreichs, in der Folge darauf bedacht sein, durch möglichste Vermehrung der Haus-Ártillerie, sich von der Hilfe der Städte unabhängig zu machen. Bahnbrechend in dieser Beziehung war, wie in allen kriegerischen Fragen jener Zeit, Kaiser Maximilian I. Muss er als Schöpfer des neuen Fussvolkes durch die Gliederung der Landsknechte, als Reorganisator der Reiterei, durch die Institution der Kyrisser angesehen werden, so ist er vor allem auch, geistig und werkthätig, der Gründer der Artillerie des Hauses Oesterreich. Das Bestreben nach möglichster Wirkung, hatte seit der Erfindung des Geschützwesens zu den verschiedensten Formen, Calibem und Typen in dem­selben geführt. Dies bedingte aber eine ebenso grosse Verschiedenheit der Bedienung, der Ladung und der Geschosse, — ein Umstand, welcher in den Mauern der Städte weniger empfunden, im Felde von nachtheiliger Wirkung war. Maximilian erkannte den Schaden, der in dem Mangel irgendwelcher Einheit der Form, der Wirkung und des Gebrauches lag und trat demselben durch Ordnung der Geschütze in Classen entgegen. Er schuf aus einem Chaos

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