Mitteilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte der K. und K. Wehrmacht 4. (1905)
Die Artillerie - Geschicht der Organisation und Entwicklung der k. und k. Feld-Artillerie 1618-1903 - Einleitung
6 von Formen eine einheitliche Artillerie, indem er hiebei die Form in Ueberein- stimmung mit dem Masse brachte und eine Eintheilung in fünf Caliber traf. Wenn auch Name und Form, von den durch Maximilian gegebenen, späterhin abwichen, so wurde doch seine Idee der Classificierung überhaupt, sowie im grossen und ganzen auch die Art seiner Eintheilung überall beibehalten und tritt uns noch zu Beginn des dreissigjährigen Krieges gegenüber. Die Versuche seiner Vorfahren, durch Heranziehung und Insoldnahme tüchtiger Artillerie-Personen, die Geschütze und die nöthigen Materialien sammt den erforderlichen Requisiten selbst zu erzeugen, und zu diesem Behufe bestimmte Arbeitshäuser (Zeughäuser) zu erbauen, führte er mit praktischem Blicke und in grösserem Umfange durch. Aus allen Ländern berief er geschickte Büchsenmeister, gleich erfahren in der Kunst des Schiessens, wie in der Erzeugung der Geschütze, Geschosse und Feuerwerkskörper, und in allen Theilen seines Reiches errichtete er zu den schon vorhandenen neue Zeughäuser. Dadurch entwickelte sich immer mehr jener Theil der kaiserlichen Artillerie, welcher zuerst ein abgeschlossenes und feststehendes Ganzes bildet, die Zeugs-Artillerie. Diese umfasste das gesammte Personale, welches sowohl zur Erzeugung als Aufbewahrung von Geschütz und Munition bestimmt war, und jenes, welches zur Herstellung der Requisiten und Wagen diente, die zur Fortführung der Artillerie benöthigt wurden. Wohl bestand auch in der Folge neben der kaiserlichen Haus-Artillerie die Land-Artillerie der Städte weiter, aber der Zweck derselben war erfüllt, — der Städte bester Hort war nun der kampfesmächtige Kaiser. Seit dem Beginne des dreissigjährigen Krieges schwindet die Artillerie immer mehr aus dem Besitze Einzelner und wird alleiniger Besitz des Kaisers. Auch hier zeigt sich also das Prinzip der wendenden neuen Staatenbildung: überall der Zug, die ganze Gewalt in einer Hand zu vereinen, zum Wohle und Gedeihen des Ganzen. Eine organisationsmässig bestehende Feld-Artillerie kennt die Zeit Maximilians und seiner ersten Nachfolger noch nicht, ja selbst die Feld-Artillerie des dreissigjährigen Krieges und der folgenden Jahre war nur eine fallweise — ad hoc — zusammengestellte, wenngleich sie bald der Gontinuität der Kriege halber, in grösserer oder geringerer Zahl stets auf dem Fusse blieb. Rief der Kaiser das Heer zum Kampfe, dann warb auch der Feldzeugmeister im Lande und weit über dessen Marken hinaus, jene Männer, die in der Kunst der „Arkeley” erfahren waren, in kaiserlichen Dienst. Was an Büchsenmeistem fehlte, ergänzten die kaiserlichen Zeughäuser, wo stets eine Anzahl derselben in Sold und Wartgeld stand. Der Oberst-Land- und Haus-Zeugmeister wies mit Rücksicht auf die geplanten Operationen, die nöthige Zahl von Artillerie-Material aus den Zeughäusern an. Als Commandant dieser ins Feld bestimmten Artillerie fungierte der Feld zeugmeister. Die Bezeichnung Feld-Artillerie ist anfangs allerdings noch nicht eine officielle, aber sie lag doch schon als Begriff vor, da die zugehörigen Chargen als Feldzeugmeister, Feldzeugwart etc. benannt werden. Erst das gewaltige Ringen des dreissigjährigen Krieges klärte die schwankenden Begriffe und schuf nun Gliederung und Eintheilung. Vor allem wurde die Feld-Artillerie dem Wesen, der Bedeutung und Auffassung nach von der Haus-Artillerie scharf geschieden. Dieser Scheidung im ganzen folgte, dann eine weitere in den Theilen. Noch lag die Verwendung der Artillerie im Kampfe gegen Burgen und Städte zu sehr in der Gewohnheit und im Denken jener Zeit und ihrer Heerführer. Die schweren Geschütze, die man in die Schlacht führte, und mehr noch die Art ihrer Verwendung, geben Zeugnis dafür. Einmal an gewählten Punkten aufgestellt, blieben die Geschütze dort und mussten der Schwerfälligkeit wegen dort bleiben, unfähig den wechselnden Phasen des Kampfes zu folgen. Die Artillerie hatte ihre Pflicht gethan, wenn sie ihre Aufstellung bezogen und von dort gefeuert hatte.