Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 5. (1903)
Sicherheits-Truppen - II. Das Militär-Polizei-Wach-Corps
C77 In Uebereinstimmung mit der gleichzeitig durchgeführten Reorganisierung des Polizeidienstes in der Stadt Wien im allgemeinen1) wurde angeordnet, dass in jedem der vier Stadt-Viertel, dann in jedem der damals bestandenen acht Vorstadt-Bezirke!) je eine Abtheilung des Polizei-Wach-Corps zu bequar- tieren und dem betreffenden Polizei-Bezirks-Director zu unterstellen sei. Der Dienst war so eingetheilt, dass von jeder Abtheilung ein Drittheil den Tag- und Nachtdienst versah, das andere als Dienst-Reserve verfügbar und das letzte dienstfrei blieb8). In Ausübung des Dienstes unterstand die Mannschaft ausschliesslich dem betreffenden Polizei-Director, doch konnte derselbe in leichteren strafbaren Pallen nur eine Arreststrafe von höchstens einigen Stunden verhängen. Das Corps in Wien wurde 1801 um circa 160 Mann zu Puss vermehrt, ausserdem eine Abtheilung zu Pferd mit einem Stande von 1 Feldwebel, 2 Corporalen und 24 Gemeinen aufgestellt. Nach einem Ausweise vom Jahre 1803 hatten die damals bestandenen Polizei-Wach-Corps folgenden Mannschafts-Stand, und zwar: Wien 534, Prag 157, Brünn (mit Troppau) 75, Linz 18, Laibach 23, Klagenfurt 18, Graz 364), Lemberg und Krakau circa 230 Mann5). Gleichzeitig wurde verfügt, dass, wenn nicht genügend zum Polizeidienst taugliche Halb-Invaliden vorhanden wären, auch solche diensttaugliche Leute von den Regimentern auf ihr Verlangen dahin abgegeben werden dürfen, welche auf ihre Entlassung Anspruch haben und sich nicht beim Regimente reengagieren lassen wollen. Die zur Polizei abzugebenden Leute hatten keinen Eid abzulegen und wurden auch nicht gemustert, genossen aber in Ausübung ihres Dienstes alle Rechte einer Wache. Auch wurde nunmehr bestimmt, dass alle Gebühren aus dem Polizei- Ponds zu bestreiten seien. Das Avancement der Oberofficiere wurde durch die oberste Polizei- Hofstelle beim Hofkriegsrath in Antrag gebracht, ebenso die Uebersetzung eines Offlciers über Verlangen der genannten Stelle vom Hofkriegsrath veranlasst; jenes der Mannschaft vom Feldwebel ab wurde auf Vorschlag des Abtheilungs-Commandanten, im Einverständnis mit der betreffenden Polizei- Ober-Direction von der Polizei-Hofstelle bewilligt. In Bezug auf die Straf-Jurisdiction konnten kleinere Vergehen von Angehörigen dieser Corps durch den Polizei-Wach-Vorsteher bestraft werden6]; wenn auf diese strafbare Handlung die Stockstreichstrafe!) oder eine sonstige schärfere Bestrafung gesetzt war, so stand die Entscheidung hierüber einer gemischten Commission zu, welche aus Vertretern des Militär-Standes und der Magistrats-Behörden bestand8). In allen Fällen von Verbrechen unterstand der Betreffende jedoch ausschliesslich der Militär-Juris diction. *) *) ,,Circulare über die Einführung der neuen Polizei-Ordnung vom Jalire 1791.” (Acten des k. k. Ministeriums des Innern ad Nr. 451 ex 1791, IV M.) 2) Die vier Stadt-Viertel waren, wie bereits mehrfach, erwähnt, das Widmer, Kärnthner, Schotten- und Stuben-Viertel. Von den acht Polizei-Bezirken umfassten der 1. die Leopoldstadt und Jägerzeile; 2. Wieden, Starhembergisches Freihaus, Schleifmühle, Laurenzergrund, Margarethen, Nicolsdorf, Matzleinsdorf, Rampersdorf, Hungelbrunn und Hundsthurm; 8. St. Ulrich oberen und unteren Guts; 4. Landstrasse. Weissgärber, Erdberg und Rennweg; 5. Alser- und Währingerstrasse, Miclielbäuerngrund, Währing und Hernals; 6. Rossau, Tlinry, Lichtenthal, Althann- und Himmelpfortgrund; 7. Spittelberg, Josephstadt, Alt- und Neu-Lerchenfeld, dann Strozzf scher Grund; 8. Laimgrube, Windmühl, Mariahilf, Gumpendorf, Magdalenengrund, dann Fünf- und Sechshäusel vor der Linie ausser Mariahilf. 3) Im Bedarfsfälle konnte auch die sogenannte ,,Grundwache” zur Aushilfe herangezogen werden. 4) Wurde später um 16 Mann vermehrt. In den ersten Jahren hatten auch solche Abtheilungen in Pest-Ofen, Pressburg und Mailand bestanden, welche in den Jahren 1791—1793 aufgelöst wurden; ebenso waren solche in Freiburg im Breisgau und Günzburg in den österreichischen Vorlanden acti viert. 6) H. K. R. 1789, G. 1544 und Verordnung der Polizei-Hofstelle vom 17. März 1798. 7) Ersterem stand nur das Recht zu, die Stockstreichstrafe im Ausmasse von höchstens sechs bis acht Streichen zu verhängen. s) Für Wien bestand diese Commission aus dem Platz-Oberstlieutenant als Präses, einem Magistratsrathe und dem Garnisons-Auditor.