Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 1. (Dritte Folge, 1902)

Hauptmann Criste: Ungedruckte Briefe des Erzherzogs Carl

12 Criste. und nirgends kein Gros beisammen ist. Das Manöver des Feindes war meiner Meinung nach äusserst keck und fehlerhaft. Er griff von zu vielen Punkten an, um auf einem den nöthigen Nachdruck und Macht vereinigen zu können, und wenn unsere Armee sich auf den, der zu Büsingen über den Rhein gieng, geworfen und die anderen Colonnen nur mit leichten Truppen amüsiert hätte, so wäre er gewiss geschlagen worden. Allein zu dergleichen Manövers, die einzigen, so im Kriege entscheiden, muss man immer eine Armee beisammen haben. Warum wir uns in mehrere Gefechte eingelassen und nicht getrachtet haben uns mit forcierten Märschen mit P. v. Loth­ringen zu vereinigen und dann erst dem Feinde ein ent­scheidendes Treffen geliefert haben, verstehe ich nicht. Sie werden sagen, es ist leicht raisonieren, wenn man weit davon entfernt ist; auch erlaube ich mir dergleichen raisonnements gegen niemand als gegen Sie, meinen theuersten Freund, dem ich mir zum Gesetz gemacht habe, meine Meinung über Alles mit der Aufrichtigkeit zu sagen, welche die Charakteristik der wahren Freundschaft ist. Ich gebe meine Meinung für kein Orakel aus, überdies kann ich leicht in der Ferne, ohne von allen Umständen unterrichtet zu sein, irren. Meine Gesundheit fängt sich seit einigen Tagen an zu bessern. Ich habe hier einen Doctor gefundenl), der mich nun curiert und der mir die besten Hoffnungen giebt. Delmotte2) und Colloredo3) haben mich gebeten, sie Ihnen zu Gnaden zu empfehlen; Sie können nicht glauben, r) Die den Erzherzog früher behandelnden Aerzte waren Doctor Lagusius und Dr. Wolf. In Prag angelangt, berief jedoch der Erz­herzog, offenbar auf Anrathen der Erzherzogin Marie Christine, den Hofrath Dr. Mayer aus Prag. (Vergl. Zeissberg, Erzherzog Carl in Böhmen. 1798. 75.) 2) Johann von Delmotte, schon früher in der Umgebung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen, dessen Vertrauen er in vollem Masse genoss, war bereits als Bittmeister von Latour seit dem Jahre 1793 im Gefolge des Erzherzogs Carl, wurde am 5. März 1796 Major und zu dessen Flügel-Adjutanten ernannt, 27. November 1798 Oberstlieutenant und General-Adjutant des Erzherzogs, 3. Januar 1801 Oberst, 23. Juni 180S General-Major, 27. April 1813 Feldmarschall-Lieutenant, in welcher Charge er am 17. November 1814 starb. s) Joseph Graf Colloredo-Waldsee, Sohn des Conferenz- Ministers Grafen Franz de Paula Colloredo-Waldsee, seit 11. Juli

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