Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs - Supplement. Geschichte K. und K. Wehrmacht 1. (1898)

Die Fuss-Truppen - I. Infanterie - Die Chargen und ihre Obliegenheiten

Aufbringung und Ergänzung. Das Söldnenvesen. Zu der Zeit, als im Mittelalter in allen Gebieten Deutschlands der Heer­bann bestand, welcher sich in das Fussvolk und die von den Lehensträgern mit ihren reisigen Knechten gebildete Reiterei sonderte, legte man dem Fussvolk wenig Werth bei. Erst die Einführung der Feuerwaffen verschaffte dem Fussvolk die Eeberlegenhcit wieder, bewirkte den Untergang der alten Wehrverfassung und schuf einen eigenen Wehrstand aus der bürgerlichen Gesellschaft — den der Söldner. Die Söldner wurden durch 'Werbung aufgebracht und war anfänglich die Schweiz sowohl für den Kaiser, als für Frankreich, der gesuchteste Werbeplatz. Erst Kaiser Maximilian I. führte die Werbung auch im eigenen Lande, im Römischen Reiche, ein und war, wie erwähnt, der Schöpfer der Institution der Landsknechte. In den Landsknechtzeiten wurden zwischen dem Kriegsherrn und dem mit Bestallungs-Brief1) hiezu ernannten Feld-Obristen, eigene Verträge über.,Aufrichtung” eines Regiments abgeschlossen. Diese wurden „Artikels- brii fe” genannt und enthielten einerseits die Bedingungen, unter welchen der Kriegsherr das Regiment in seine Dienste zu nehmen beabsichtigte, anderseits die Rechte und Befugnisse des Commandanten, sowie die Pflichten der Kriegs­knechte überhaupt. Das die letzteren Betreffende wurde ihnen bei der ersten Musterung vorgelesen und sie auf selbes beeidet. Später nannte man die zwischen dem Kriegsherrn und dem zur Auf­richtung des Regiments bestimmten Obristen getroffenen Vereinbarungen „Capi- tulationen” und wurden die Bestimmungen bezüglich det Pflichten der Kriegs­leute, als von dem jeweiligen Regenten für alle Regimenter gleichlautend giltig festgesetzt, nicht mehr in jede einzelne solche Capitulation aufgenommen, sondern der Artikelsbrief — nunmehr auch „Kriegs-Artikel” genannt — welcher alles in sich enthielt, wozu der Soldat eidlich verpflichtet war, bildete nun die Grundlage der Heeres-Ordnung und der Kriegsgebräuche. Ausser den Capitulationen* 2) wurden den Obristen noch für sich und ihre Hauptleute die „Werbe-Patente” zugestellt, welche Bestimmungen über die Art der Vornahme der Werbung enthielten, Zuweisung der Werbeplätze u. s. w. J)as Waldstein’sche Werbe-System. Als die ungünstige Lage der Finanzen, welche die Aufstellung eines Achtung gebietenden Heeres unmöglich machte, den Kaiser Ferdinand II. vor Später ,.Patent” genannt. 2) Statt Capitulation wurde auch später öfter der Ausdruck „Convention” gebraucht, so über Errichtung der Regimenter Neipperg und Harstall. (KL. A.. 1698, II., 2 und 8.) Doch verstand man unter .,Convention” meist nur Vereinbarungen wegen Uebernahme eines Regiments aus fremden in kaiserliche Dienste.

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