Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)

Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Die Stellung der Protestanten in Ungarn

216 K i e n a s t. Seiten das Misstrauen nicht geschwunden. Carl VI. hatte ja den Aufstand Franz Rákóczy's, während dessen das Haus Habsburg 1707 auf dem Onóder Tage des ungarischen Thrones verlustig erklärt worden, miterlebt; die Ungarn hinwider fanden, dass der kaiserliche Commissär, welcher den Sitzungen des Statthalterei- rathes beiwohnte, diese Institution völlig illusorisch mache; auch trug die Protestantenfrage wesentlich dazu bei, das gegenseitige Miss­trauen wachzuhalten und zu nähren. Auch unter Maria Theresia bestand trotz des fast heroisch zu nennenden Vertrauens und des grosssinnigen Entgegenkommens der Königin selbst, das Misstrauen und daher auch die Abneigung der Mitglieder der Wiener Regierung gegen Ungarn noch lange Zeit fort und wurde von Seiten der ungarischen Opposition reichlich erwidert. In letzterer Hinsicht sind die Vorgänge auf dem Pressburger Reichstag von 1741 charakteristisch; laut wünschte man die deutschen Minister an den Galgen.1) Diese aber riethen ab, einem Volke die Waffen in die Hände zu geben, welches dieselben so oft gegen das eigene Herrscherhaus gekehrt habe. Auch die Stimmung eines Militärs, des Feldmarschalls Fürsten Wenzel Liechtenstein, war noch 1744 voll Misstrauen gegen Ungarn.2) Anders Maria Theresia; es war ein kühner Entschluss dieser grossen Habsburgerin, sich den Ungarn in die Arme zu werfen und selbst es der Vergessenheit zu übergeben, wie sich dieses Volk gegen das Haus Oesterreich vergangen; sie hoffte dadurch auch die Ungarn der mannigfachen Beschwerden uneingedenk zu *) *) Arneth, Maria Theresia, I, 300. Schon früher waren Pamphlete erschienen, in welchen die Austreibung der Deutschen aus Ungarn geiordert wurde. Selbst die Person der Königin blieb nicht ganz verschont. Ebenda, 291. 2) Anlässlich der Waffenlieferungen für das ungarische Aufgebot 1744 hatte Graf Johann Pálff'y die Sendungen aus Oesterreich mit Rücksicht auf die Yor- räthe in den ungarischen Festungen einstellen lassen. Am 16. September aber kann Liechtenstein „die Erinnerung zu machen nicht umgehen, weichergestalten er noting zu sein erachtete, auf die Posti Kascliau, Leutscliau, Munkács und Sze­gedin, als die an den Grenzen weitestens entlegen seien, eine beliebige Reflexion zu machen, damit solche au sothanem Gewehr bei sich etwa äussernder anderweitigen Gelegenheit nicht so sehr entblösset werden mögen“. (K. A., Ung. Gen.-Comdo. 1744.) Weder von Polen, noch von den Türken drohte eine Gefahr; der Schreiber dachte sicherlich an den Aufstand Rákóczy’s und Péró's (1735). Damals circulierte eben das „Marwitz’sche Patent'“ in Ungarn.

Next

/
Oldalképek
Tartalom