Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 9. (Neue Folge, 1895)
Oberlieutenant Andreas Kienast: König Friedrich II. von Preussen und die Ungarn bis zum Hubertsburger Frieden 1762 - Die Stellung der Protestanten in Ungarn
König Friedrich II. yon Preussen und die Ungarn. 217 machen, welche sie so oft und seit lange gegen die kaiserliche Regierung erhoben hatten. Diesem Schritte aber widersetzten sich nach dem Zeugnisse des venetianischen Botschafters Capello in Wien die österreichischen Minister, mehr der Erfahrung, als dem edlen Gemüthe eines königlichen Herzens gehorchend und von den Ungarn nur Gefahren für ihre Herrscherin besorgend. Capello sagt, Ihre Majestät sei, um jenes Volk zu bewaffnen, gezwungen gewesen, den Plan hiezu allein zu entwerfen und ihn gegen die Meinung ihrer Minister und wider die Hindernisse zu verwirklichen, welche von denselben dagegen erhoben wurden.1) Der Erfolg dieses Schrittes, die Ausschreibung der Insurrection und die Anerkennung des Grossherzogs von Toscana als Mitregenten in Ungarn, musste einen ausserordentlichen moralischen Eindruck hervorrufen. Die nichtungarischen Länder des Hauses Habsburg gewahrten mit freudigem Erstaunen, dass ihnen jetzt von dorther Erleichterung und Beistand zugesagt wurde, von wo sie bis nun fast ausschliesslich nur Anfeindung, ja nicht selten offene Bekämpfung erfahren hatten. Nicht geringeren Eindruck übten die Vorgänge zu Pressburg auf die fremden Fürsten, welche im offenen oder noch versteckten Kampfe wider Maria Theresia standen. Sie begriffen, dass es zu Ende sei mit der althergebrachten Politik, von welcher insbesondere Frankreich so vielen Nutzen gezogen, mit der Politik, während eines Krieges mit dem Hause Habsburg demselben in Ungarn Aufstände zu erregen und in solcher Weise die volle Entwicklung der österreichischen Streitkräfte nach Aussen zu vereiteln.2) Maria Theresia hat für die Aufopferung der Ungarn jederzeit den lebhaftesten Dank und die volle xlnerkennung ausgesprochen und sie haben diesen Dank auch verdient. Aber die Protestanten haben ihn, wenigstens was die Erleichterung ihres Glaubensbekenntnisses anbelangt, nicht empfunden.3J Als überzeugungstreue Katholikin und eifrige Tochter der Kirche wünschte die Königin so gut, als ihre Vorfahren, alle ihre Unterthanen in derselben vereint zu sehen; sie verhielt sich gegen die Proteb Arneth, Die Relationen der Botschafter Venedigs über Oesterreich im 18. Jahrhundert (Wien, 1863), pag. XL1X und 285 f. 2) Arneth, Maria Theresia, I, 306. 3) Ebenda, IV, 51.