Mittheilungen des k.u.k. Kriegs-Archivs 6. (Neue Folge, 1892)

Major von Duncker: Militärische und politische Actenstücke zur Geschichte des ersten schlesischen Krieges 1741 (Schluss)

Andurch wird nun erschöpft, was bei der weiteren Handlung mit Preussen nur immer vorfallen zu können scheint. so geschieht es oft, dass sie durch Vermuthungen errathen, was man Sorge trägt, ihnen zu verbergen. Die Freilassung des Barons Reisewitz und des Grafen von Arco, die Räumung von Ottmachau, die dem Commandanten von Neisse ertheilten Befehle, der Rückzug der Armee der Königin und mehrere andere Umstände konnten nicht ermangeln, diese Vermuthungen hervorzurufen. Aber man gibt sich alle mögliche Mühe, um sie zu zerstreuen und S. M. von Preussen kann, wie hier oben gesagt, darauf rechnen, dass das unverletzlichste Geheimnis von Jenen bewahrt werden wird, welche im Amte sind. Da der fragliche Act nur Präliminar-Artikel enthält, so unterliegt es keinem Zweifel, dass jene, von denen darin keine Erwähnung geschieht, und auf welche die Königin nichtsdestoweniger immer bestanden hat, durch den endgiltigen Friedens-Tractat gesichert werden. Diese Artikel sind: Die Er­haltung der katholischen Religion, die pro rata-Entlastung von den auf ganz Schlesien haftenden Schulden und eine allgemeine und gegenseitige Amnestie zu Gunsten der Privaten, welche bisher einer oder der anderen Partei an­hänglich waren. Dieser Artikel bedarf jetzt schon der Erläuterung, nachdem S. M. der König von Preussen vor seiner Aussöhnung mit der Königin sehr strenge Avocatorien gegen alle Jene verlautbaren liess, welche Güter in Nieder- Schlesien besitzen und in ihrem [der Königin] Dienste weiter verbleiben. Der hiefür vorgeschriebene Termin geht zu Ende. Und da das unverletzlichste Ge­heimnis bewahrt werden soll, so ist der Wiener Hof nicht in der Lage ihnen Andeutungen zu machen, welche den vereinbarten Artikeln entsprechen. Uebrigens können die vorgenannten Avocatorien nicht platzgreifen, ohne die Freundschaft zu verletzen, welche man soeben wieder hergestellt hat. Eine sehr grosse Anzahl von Personen befindet sich in der Lage, Güter nicht nur in Nieder-Schlesien, sondern auch noch anderwärts zu besitzen. Es ist gerecht, dass diese Personen, sobald der Friede einmal verlautbart sein wird, ihre Unterwerfung dem Könige von Preussen für ihre unter seiner Oberhoheit be­findlichen Güter bezeugen, wofern sie es nicht vorziehen, dieselben inner­halb einer zu bestimmenden Frist zu verkaufen. Aber nach den in ähnlichen Fällen gebräuchlichen Regeln könnte man nicht mehr verlangen. Es handelt sich also die Ausführung der genannten Avocatorien unter der Hand jetzt schon aufzuheben und in den endgiltigen Friedens-Tractat ungefähr einen solchen Artikel einzufügen, wie er ehedem von Seite des Wiener Hofes ent­worfen wurde Der Billigkeitssinn S. preuss. M. und Seine hohe Einsicht lassen keinen Zweifel zu, dass er einer Forderung nicht willfahren werde, welche auf einem in ähnlichen Gelegenheiten stets beobachteten Gebrauch begründet ist; da die Amnestie eine nothwendige Folge des Friedens ist, welcher erneuert wird.

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